Die Mikrosklerotherapie
Die Mikrosklerotherapie als Therapieform der Besenreiservarikosis und der retikulären Varikosis erläutert Dr. med. Juliane Reber-Hölker, Köln.
Ziel der Sklerotherapie ist der Verschluss des behandelten Gefäßes durch Einspritzen eines gewebetoxischen Sklerosierungsmittels. Hierdurch kommt es im Gefäß zu einem lokalen Endothelschaden und im weiteren Verlauf zur Umwandlung des Gefäßes in einen bindegewebigen Strang. Um ein Rezidiv zu vermeiden, müssen das Gefäßendothel und die subendothelialen Schichten irreversibel geschädigt werden. Hierfür ist letztlich die Konzentration des Verödungsmittels am Endothel entscheidend. Entsteht lediglich ein Thrombus im behandelten Gefäß, kann dieser rekanalisieren und es kommt zum Rezidiv. Flüssige Verödungsmittel können im Gefäß durch das venöse Blut rasch verdünnt werden, damit ist die Wirkung bei Varizen mit größerem Volumen eingeschränkt., Varizen mit größerem Kaliber sind der Schaumsklerosierung vorbehalten. Hierauf soll in diesem Artikel nicht weiter eingegangen werden.
Verödungsmittel
Polidocanol ist das in Deutschland am häufigsten verwendete und auch zugelassene Sklerosierungsmittel. Es liegt in unterschiedlichen Konzentrationen vor von 0,25% bis 4%. Die maximale Tagesdosis
beträgt 2mg/kg Körpergewicht.
Der Wirkstoff wird in anderer Zubereitungsform auch zur Juckreizstillung eingesetzt. Abhängig von Durchmesser und Lokalisation des zu behandelnden Gefäßes muss die entsprechende Konzentration des
verwendeten Polidocanols gewählt werden. In Tabelle 2 werden Anhaltswerte für Konzentrationen und Volumen von Polidocanol bei der Verödungsbehandlung angegeben. Zusätzlich muss beachtet werden,
ob es sich um eine Zentralvene eines Besenreisernestes handelt bzw. ob in der zu behandelnden Vene ein hoher intravasaler Druck besteht. In diesem Fall muss eine entsprechend höhere Konzentration
gewählt werden. Um die Varizen effektiv zu behandeln, sollte von den großen zu den kleinen Varizen und von proximal nach distal vorgegangen werden.
Medizinische und kosmetische Indikationen
Man unterscheidet medizinische und kosmetische Indikationen. Bei der kosmetischen Indikation handelt es sich um eine Besenreiser- bzw. retikuläre Varikosis ohne hämodynamische Bedeutung, die den
Patienten aus rein ästhetischen Gründen stört. Eine medizinische Indikation besteht bei einer Varikosis mit hämodynamischer Bedeutung bzw. bei einer Varikosis, die trophische Störungen
verursacht. Hierunter fallen alle Formen der Varikosis von einer ausgeprägten retikulären Varikosis über eine Seitenastvarikosis sowie postoperativ verbliebene Varizen bis hin zu Stammvarizen der
Vena saphena magna und Vena saphena parva. Auch eine Rezidivvarikosis, periulzeröse Varizen und auch Schwangerschaftsvarizen bzw. Vulvavarizen können mittels Sklerosierung behandelt werden. Durch
die Behandlung sollen die pathologisch veränderte Hämodynamik verbessert und korrigiert werden sowie bestehende Symptome gemindert bzw. beseitigt werden. Zudem kann durch die Behandlung etwa der
Seitenastvarikosis eine Fortschreitung der Erkrankung vermieden und Komplikationen vorgebeugt werden. Für die Behandlung der retikulären Varizen und Besenreiservarizen gilt die
Sklerosierungsbehandlung als Methode der ersten Wahl, während die Sklerotherapie bei der Seitenastvarikosis mit der lokalen Phlebektomie und die Stammvarikosis mit der endoluminalen
Therapieverfahren bzw. mit der Crossektomie und Exhairese der Stammvene konkurriert.
Vom größeren zum kleineren Durchmesser
Vor der Behandlung ist eine Anamneseerhebung, klinische Untersuchung und eine Doppler- bzw. duplexsonographische Untersuchung des venösen und arteriellen Systems sinnvoll. Zusätzlich können
Funktionsuntersuchungen durchgeführt werden wie die Photopletysmographie, Phlebodynamometrie und Venenverschlusspletysmographie zur besseren Einschätzung der zu erwartenden Funktionsverbesserung.
Im arteriellen System muss eine arterielle Verschlusskrankheit ausgeschlossen werden, im venösen System eine tiefe Beinvenenthrombose bzw. eine akute Thrombophlebitis. Dazu muss die Hämodynamik
dargestellt werden. Im Falle einer Stammvarikosis der Vena saphena magna oder Vena saphena parva bzw. Seitenastvarikosis sollte diese erst operativ oder ggfs. mittels Schaumsklerosierung
behandelt werden. Grundsätzlich sollte von der Varikosis mit größerem Durchmesser hin zur Varikosis mit kleinem Durchmesser behandelt werden, um das Risiko einer Rezidivbildung möglichst klein zu
halten. Ist das gesamte venöse System unauffällig, kann die Besenreiservarikosis und retikuläre Varikosis behandelt werden.
Patientenaufklärung ist ein Muss
Die Sklerotherapie erfordert eine ausführliche Aufklärung des Patienten. Der Patient muss hingewiesen werden auf alternative Therapieverfahren, auf mögliche Nebenwirkungen und Komplikationen.
Desweiteren muss der Patient aufgeklärt werden, ob es sich um eine medizinisch erforderliche Therapie bzw. um ein rein ästhetisches Problem handelt, ebenso die Erfolgsrate, die Anzahl der
Sitzungen und das Rezidivrisiko müssen besprochen werden. Auch auf das Verhalten nach der Therapie muss eingegangen werden.
Abhängig vom Gefäßdurchmesser wird die entsprechende Konzentration des Polidocanol (Aethoxysklerol®) gewählt. Die Flüssigkeit wird in eine Spritze aufgezogen und mit einer Nadel von 23 bis 30G in
das Lumen des Gefäßes injiziert. Pro Injektion dürfen nur 0,1 bis 0,2ml Flüssigkeit eingespritzt werden. Um eine großflächige Besenreiservarikosis zu behandeln, muss damit an zahlreichen Gefäßen
eingestochen werden. Die Injektion erfolgt langsam und ggfs. fraktioniert. Es wird üblicherweise im Liegen injiziert. Damit das Ziel der Gefäßausschaltung und damit die Umwandlung des Gefäßes in
einen fibrotischen Strang erleichtert wird, ist eine Kompressionstherapie erforderlich. Hierfür sollte zum einen eine exzentrische Kompression durchgeführt werden, etwa mit Wattepolstern, die
mittels Papierpflaster aufgeklebt und unmittelbar nach Einspritzen des Verödungsmittels befestigt werden, und zum anderen ein Kompressionsverband oder eine Kompressionstherapie mittels
Kompressionsstrümpfen der Klasse II, die im Anschluss an die Therapie angelegt werden. Die Dauer der Kompressionsbehandlung wird unterschiedlich gehandhabt, die exzentrische Kompression kann nach
24 Stunden entfernt werden, der Kompressionsstrumpf sollte mehrere Tage bis zu einer Woche getragen werden.
Der Patient wird im Anschluss an die Behandlung angehalten, 30 Minuten spazieren zu gehen, um eine gute Verteilung des Sklerosierungsmittels zu gewährleisten.
Im Anschluss an die Verödung sollten heiße Bäder, Saunagänge, intensive Sonneneinstrahlung und sportliche Belastungen für mindestens eine Woche gemieden werden.
Wenige Nebenwirkungen und sehr seltenen schwere Komplikationen
Grundsätzlich handelt es sich bei der Sklerosierung um eine Therapie mit wenigen Nebenwirkungen und sehr seltenen schweren Komplikationen.
Hyperpigmentierung ist dabei die häufigste Nebenwirkung. Sie tritt als Folge der lokal induzierten Entzündung durch das Sklerosierungsmittel auf, und ist verstärkt bei Behandlung sehr
oberflächlich liegender Besenreiser und bei der Schaumsklerosierung. Sie bildet sich in der Regel nach Wochen bis Monaten zurück und kann durch eine im Anschluss konsequent durchgeführte
Kompressionstherapie reduziert werden.
Eine weitere klassische Nebenwirkung ist auch das Matting, bei dem feinste flächige Teleangiektasien im Operations- bzw. Verödungsbereich entstehen und das sehr schwer zu therapieren ist. Lokale
urtikarielle Reaktionen oder Hämatome bilden sich nach der Behandlung zurück. Lokale Blutgerinnsel in der behandelten Vene sollten durch Stichinzisionen behandelt werden. Passagere migräneartige
Symptome treten bei der Mikrosklerotherapie kaum, bei der Schaumsklerosierung jedoch häufiger auf.
Zu den schweren Komplikationen zählt die allergische Reaktionen vom Soforttyp, die bis zum anaphylaktischen Schock reichen kann, jedoch mit etwa 0,01% sehr selten ist. Desweiteren kann es in
seltenen Fällen zu einer tiefen Beinvenenthrombose kommen. Insbesondere bei bekannter Thrombophilie als auch bei postthrombophlebitischen Patienten ist das Risiko erhöht und eine strenge
Indikationsstellung und zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen sind angezeigt. Auch eine Hautnekrose kann bei paravenöser Injektion als auch bei lege artis durchgeführter Sklerosierung insbesondere bei
der Behandlung sehr oberflächlich liegender Besenreiser entstehen. Auch ist der Übertritt des Sklerosierungsmittels über einen arterio-venösen Schenkel möglich. Eine versehentlich intraarterielle
Inkektion stellt einen Notfall dar, der zu Arterienverschlüssen mit großen Nekrosen führen kann.
Kontraindikationen beachten
Nach den Leitlinien der Sklerosierungstherapie der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie gehören zu den absoluten Kontraindikationen:
Zu den relativen Kontraindikationen werden gezählt:
Insgesamt kann jedoch festgehalten werden, das es sich bei der Flüssigsklerosierung um eine Therapieform mit sicherer Evidenz, niedrigem Nebenwirkungsprofil sowie um eine effektive und kostengünstige Methode handelt.