16. Jahreskongress der DGfW in Bielefeld
Vom 13. bis 15. Juni findet der 16. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e. V. (DGfW) in Bielefeld statt. Das Kongressthema „Leitlinien und Best practice” befasst sich in diesem Jahr mit der Umsetzung der neuen S3-Leitlinie zur Behandlung chronischer Wunden in der Praxis.
Die neue Leitlinie zur Lokaltherapie chronischer Wunden bereitet den aktuellen Stand der Wissenschaft systematisch auf. Eine einheitliche Nomenklatur sowie klare Behandlungsalgorithmen für die Praktiker bilden die Basis, um die Prozesse in den einzelnen Teilbereichen zu strukturieren und zu standardisieren. „Für die Patienten wird sich die Versorgungsqualität in der gesamten Versorgungskette verbessern, weil sich Patienten und ihre Angehörigen zukünftig darauf berufen können, dass das getan wird, was in den Leitlinien steht“, so Tagungspräsident und Präsident der DgfW, Prof. Dr. med. Hisham Fansa, MBA, Bielefeld. Gemäß dem Leitsatz „Vom Debridement zur Deckung – die optimale Wundtherapie“ muss am Anfang abgestorbenes oder infiziertes Gewebe entfernt werden, um den Heilungsprozess in Gang zu setzen, die Wunde endgültig verschließen zu können oder eine weitere Infektion zu verhindern, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann.
Beleg von Wirksamkeit und Patientennutzen gefordert
Doch die fortschreitende Ökonomisierung der Medizin und anderer Gesundheits- oder Pflegeleistungen stellt die Behandler zunehmend vor fachliche und ethische Herausforderungen. Um rechtzeitig Gefahren zu erkennen und Risikomanagement zu betreiben, fordert die DGfW unabhängige Studien zum Beleg von Wirksamkeit und Patientennutzen, etwa im Bereich der Medizinprodukte: „Belastbare Studienergebnisse (EbM) und Vernunft im Therapiealltag sind Voraussetzungen, um Rationierung und Zweiklassenmedizin Einhalt zu gebieten“, so Fansa. Im Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. med. Giovanni Maio, Freiburg, geht es um „Die chronische Wunde – eine Herausforderung zwischen Medizin und Ökonomie“.
„Es geht um die beste Versorgung für die Patienten“, so Fansa, „und zwar immer unter der Fragestellung: Was können wir tun, um es noch besser zu machen und welche Behandlung ist die richtige für welche Wunde?“ Entscheidend ist dabei, wie mit den Erkrankungen umgegangen wird, die der Wunde zu Grunde liegen. Denn häufig entstehen chronische Wunden aufgrund arterieller, venöser und lymphatischer Erkrankungen, deren Diagnostik und Therapie ebenfalls im Rahmen des Kongresses diskutiert werden.
Da die meisten chronischen Wunden aufgrund von Gefäßerkrankungen und Diabetes mellitus, seltener aufgrund von Druck (Dekubitus), Autoimmunerkrankungen oder medikamenteninduziert entstehen, ist ein Schwerpunktthema die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) – eine chronische Gefäßkrankheit der Arterien im Bein, von der in Deutschland rund 4,5 Millionen Menschen betroffen sind. Gezielte Therapien sollen eine ausreichende Blutversorgung sicherstellen, um bei bereits absterbendem Gewebe das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Gute Durchblutung und Entzündungsprophylaxe können ein Abheilen der Wunde erreichen und eine Amputation vermeiden.
Im Fokus steht auch die Behandlung von Wunden, die aufgrund von Diabetes mellitus entstehen – einer chronischen Stoffwechselkrankheit, die früher in der Bevölkerung als „Altersdiabetes“ bezeichnet wurde und inzwischen auch immer jüngere Menschen betrifft. Lang anhaltende, hohe Blutzuckerwerte verursachen Folgeschäden an verschiedenen Organsystemen, etwa am Gefäß- und Nervensystem. Der Begriff des „diabetischen Fußsyndroms“ fasst verschiedene Krankheitsbilder mit unterschiedlichen Ursachen und Abläufen zusammen. Allen gemeinsam ist, dass Verletzungen am Fuß zu Komplikationen führen können, die bei verzögerter oder unzureichender Behandlung zu einer Amputation führen können.
Koordination zwischen den verschiedenen Versorgungsebenen optimieren
Damit es nicht zu einer derart massiven Einschränkung für den Patienten mit deutlich herabgesetzter Lebensqualität kommt, soll neben dem zielgerichteten Einsatz der vorhandenen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten die Koordination zwischen den verschiedenen Versorgungsebenen optimiert werden. Zur Unterstützung dieses Prozesses werden beim DGfW-Kongress sowohl interdisziplinär ausgerichtete Vorträge als auch berufsgruppenspezifische Veranstaltungen – zum Beispiel für Podolgen – angeboten.
Ein weiteres Schwerpunktthema sind Wunden, die durch eine chronische venöse Insuffizienz oder nach einer tiefen Beinvenenthrombose entstehen. Zur Therapie der venösen Rückflussstörung werden konservative sowie chirurgische Verfahren anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse diskutiert. Die Kompressionstherapie, die als Standardtherapie bei Störungen des Venen- und des Lymphsystems gilt, erfordert eine hohe fachliche Kompetenz sowie eine optimale Kooperation zwischen Arzt, Physiotherapeut und Versorger. Entscheidend ist während der Entstauungsphase die korrekte Anlage des Kompressionsverbandes, die jedoch in Deutschland noch nicht standardisiert ist. Die DGfW entwickelte ein Messverfahren, mit dem Druckverlauf und Druckintensität geprüft werden können. Diese Messtechnik steht während des Kongresses zur Verfügung. In Workshops können Teilnehmer damit ihre Fähigkeiten in der Kompressionstherapie testen und durch gezieltes Training verbessern.
Weitere Schwerpunkte sind Lymphödeme nach operativem Entfernen von Lymphknoten, wobei neue Konzepte der Lymphchirurgie für Arm und Bein diskutiert werden, sowie Wunden, die medikamentös verursacht oder als unerwünschte Folge einer ärztlichen Behandlung anzusehen sind, wie etwa Komplikationswunden nach ärztlichen Eingriffen. Außerdem geht es auf der Tagung um chronische Wunden und Ernährung, Prävention und Therapie bei Gewebeschäden durch Wundliegen (Dekubitus), Mikrobiologie und Hygiene sowie Status und Zukunft von ambulanter Wundbehandlung. Alle Informationen sowie das Programm sind unter http://kongress.dgfw-ev.de zu finden.ka