Digitalisierungs-Modus Karl Adler, der gesundheitspolitische Koordinator der Dermatologie-Förderunternehmen, berichtet über Dermatologierelevantes zu den Bemühungen, die Medizin zu digitalisieren.
Als vor etwa 20 Jahren die Arbeiten zur elektronischen Gesundheitskarte (eGK) starteten, war nicht zu erwarten, dass dieses Projekt in gewisser Weise dem Projekt BER-Flughafen vergleichbar
würde – mit endlosen Fehlplanungen, permanenten Terminverschiebungen und horrendem Geldversenken. Es ist von zwei Milliarden Euro die Rede.
Nun gibt es in der Koalitionsvertragsvereinbarung den neuen Anlauf, bis spätestens 2021 eine staatliche elektronische Patientenakte (ePA) einzuführen, nachdem diverse Krankenkassen gerade dabei
sind, elektronische Gesundheitsakten (eGA) für ihre Versicherten einzuführen. Diese individuellen Angebote setzen das sich gegenwärtig noch im Planungsstadium befindliche staatliche System unter
Druck.
Bleibt zu hoffen, dass die künftige ePA mit den aktuellen versicherungseigenen eGA-Plattformen kompatibel sein wird – sonst ist Chaos vorprogrammiert, im wahrsten Sinne des Wortes!
Die Versicherungsgesellschaften DKV, Generali und Signal-Iduna haben mit IBM eine App entwickelt, die bis zum Jahresende um eine eGA erweitert werden soll. Sie ist ein zentraler digitalisierter
Speicher für Gesundheitsdaten und -dokumente wie Rezeptierungen, Arztbriefe, Röntgendaten, Diagnosen, Allergien, Arztkontakte, Notfallkontakte etc. unter der Zugangshoheit der jeweiligen
Versicherten. Die patientenindividuellen Daten liegen anonym und verschlüsselt in IBM-Rechenzentren. Patienten können diese Informationen nach Bedarf für Ärzte freigeben.
Datenschutz- und rechtssicher
Die TK bringt kurzfristig ihre ebenfalls mit IBM entwickelte eGA „TK-Safe“ ins Gesundheitssystem, die als Smartphone-App, geschützt durch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, ihren Versicherten
medizinisch relevante Daten jederzeit zugangsbereit und kostenfrei zur Verfügung stellt. Die Versicherten erhalten Informationen zu ihren Abrechnungsdaten wie z. B. zurückliegenden Arztbesuchen.
Sie können auf einen Blick nachvollziehen, bei welchen Medizinern sie in den vergangenen vier Jahren vorstellig waren, welche Leistungen die Ärzte mit der TK abgerechnet haben, welche Diagnosen
gestellt wurden, welche Verordnungen erfolgten etc. Außerdem ermöglicht TK-Safe ihren Versicherten, Röntgenbilder, Laborberichte, Telemedizinfotos u. v. m. in ihre Akte hochzuladen. Weitere
individuell-gesundheitsbezogene Zusatzfunktionen sollen nach und nach integriert werden.
Ein Krankenkassenverbund aus 90 Versicherungen, zu dem u. a. die Allianz, Barmenia, DAK, Gothaer sowie zahlreiche Betriebs- und Innungskrankenkassen gehören (die 20 Mio. GKV-Versicherte und fünf
Mio. PKV-Versicherte repräsentieren), bietet mit der Vivy-App den Versicherten Tipps für gesunde Lebensführung, Hinweise zu Medikamentenunverträglichkeiten u. v. m. an, ein Import aus den
individuellen eGAs ist als weitere Option in der Entwicklung.
Nach Aussagen der Anbieter sind alle Angebote datenschutz- und rechtssicher.
Das gilt auch für die staatliche ePA, die ähnlich dem Online-Banking via PIN und TAN für die Patienten zugänglich wird und die selbst darüber entscheiden, für wen sie ihre individuellen Daten
freigeben.
Bundesgesundheitsminister Spahn will die staatliche ePA, als zentralen Speicher für Patientendaten, verknüpfen mit den eGA der Versicherungen und mit dem ebenfalls im Koalitionsvertrag
vereinbarten Bürgerportal, das bis spätestens 2022 zur Verfügung stehen soll, und worüber alle Verwaltungsleistungen wie z. B. Ausweisausstellungen, Fahrzeugzulassungen oder Wohnsitzänderungen
von den Bürgern mit einem einzigen Zugangspasswort online erledigt werden können – also vorwiegend solche außerhalb des Gesundheitswesens.
Explizit soll die Telemedizin, als Bestandteil der medizinischen Versorgung in insbesondere unterversorgten Regionen, künftig über das Bürgerportal koordiniert werden können. Die Telemedizin als
Therapiemonitoring soll vernetzt werden mit der Sektoren übergreifenden ePA. Die Telemedizin besteht aus Interaktionen zwischen Patient und Arzt und auch Arzt und Arzt u. a. zum elektronischen
Austausch von Befunden und/oder zur Zweitmeinungsbildung. Der Bewertungsausschuss der Ärzte-Krankenkassen hat die Aufgabe erhalten, festzulegen, wie der EBM an die telemedizinischen Leistungen
anzupassen ist.
Die Dermatologie, als visuell geprägtes Fach, ist geradezu prädestiniert für Telemedizin. Hier kristallisiert sich eine besondere Form heraus, die: Teledermatologie .
Die von der sonstigen Telemedizin abweichenden Anforderungen und Umsetzungsspezifika der Teledermatologie erfordern m. E. einen entsprechend angepassten EBM. Der starke Inzidenzanstieg der
Allergien und der Hautkrebsformen bildet dazu, neben weiteren, eine wesentliche Begründung.
Ich sehe für die Dermatologie herausforderndes (Mit-)Gestaltungspotenzial für das Neuland Teledermatologie. Nun gilt es, diese Chance zum Wohle aller Beteiligten konstruktiv zu nutzen. Dazu
wünsche ich sinnvolle Lösungen.
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