Allergische Immunreaktionen Eine aktuelle Forschungsarbeit aus der Univ.-Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie der Medizin der Universität Innsbruck beleuchtet einen neuen Mechanismus, der bestimmten allergischen Immunreaktionen zugrunde liegt.
Das Innsbrucker Team um die Biologin ao.Univ.-Prof. Dr. phil. Christine Heufler-Tiefenthaler untersuchte Lipocaline – respiratorische Allergene, die Hundehaar- oder Katzenallergien
auslösen – und konnte dabei den Formylpeptid-Rezeptor (FPR) 3 als zentralen Player dieser allergischen Reaktion identifizieren.
Wenn es darum geht, das Immunsystem gegen Krankheitserreger oder Allergene zu aktivieren, stehen die dendritischen Zellen an vorderster Front. Die Aufgabe dieser Immunzellen ist es, Alarm zu
schlagen, indem sie Bestandteile (Antigene) des Allergens aufnehmen, verarbeiten und sie in einer charakteristischen und für die T-Zellen erkennbaren Form präsentieren. „Dendritische Zellen sind
zur Stimulation von T-Zell-abhängigen Immunantworten hochspezialisiert und entscheidend an der Aktivierung der Helfer-T-Zellen Th1 und Th2 beteiligt“, weiß Heufler-Tiefenthaler, die an der
Innsbrucker Univ.-Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie (Direktor: Matthias Schmuth) bereits seit vielen Jahren zur Immunbiologie von dendritischen Zellen forscht.
„Mit dieser Reaktionskette
von Allergen-Aufnahme,
Produktion von FPR3-
bindenden Peptiden in der
dendritischen Zelle, Blockade
der IL12-Produktion und der
Entwicklung von Th2-Zellen
konnten wir erstmals die
Entstehung lipocalinspezifischer
allergischer Reaktionen
nachweisen.“
Th2-Zellen sind Lymphozyten, die den Botenstoff Interleukin-4 produzieren und als Effektorzellen auch allergische Reaktionen vermitteln können. Auch wenn Allergien ein großes Forschungsfeld
bedienen, blieb der molekulare Mechanismus, der zur Aktivierung der Th2-Zellen als Reaktion auf Allergene führt, bislang unentdeckt. Dem Team um Heufler-Tiefenthaler gelang es nun, diesen
Mechanismus für eine Klasse von Protein-Allergenen – die Lipocaline – in der Zellkultur aufzuklären und damit einer potenziellen Therapie-Option einen Schritt näherzukommen.
Entscheidend: Wechselwirkung von dendritischer Zelle mit Allergen
Zu den Lipocalinen gehören die meisten Inhalationsallergene von Säugetieren, wie etwa Can f 1, ein Speichelprotein und das Haupt-Allergen bei Hundehaarallergie, oder Fel d 4, ein Allergen bei
Katzenallergie. Sie umfassen aber auch menschliche nicht-allergene Proteine wie das in der Tränenflüssigkeit vorkommende Lipocalin-1. Im Rahmen einer Kooperation mit dem Lipocalin-Experten
Dr. Bernhard Redl vom Innsbrucker Biozentrum konnte Beate Posch aus dem Team um Heufler-Tiefenthaler bereits in einer vorangegangenen Arbeit zeigen, dass dendritische Zellen als Antwort auf
allergene Lipocaline Th2-Zellen aktivieren, auf nicht-allergene Lipocaline jedoch Th1-Zellen.
Die Wechselwirkung von dendritischen Zellen mit dem Allergen ist also ausschlaggebend für die Art der eingeleiteten Immunantwort. „Aus dieser Arbeit stammte auch ein erster Hinweis, dass der
Formylpeptid-Rezeptor (FPR) 3 dabei eine herausragende Rolle spielen könnte“, so Heufler-Tiefenthaler.
Rezeptor als Weichensteller für die Immunantwort
In der aktuellen Forschungsarbeit wurde die Funktion des FPR3 genauer analysiert. Dabei stellten die ForscherInnen fest, dass beim Abbau der allergenen Lipocaline in den dendritischen Zellen
Peptide (Protein-Bruchstücke) entstehen, die an FPR3 binden können, während die Peptide, die beim Abbau der nicht allergenen Lipocaline entstehen, nicht an den Rezeptor binden.
Die Bindung an den Rezeptor bewirkt, dass die Produktion des Botenstoffs Interleukin-12 in der dendritischen Zelle behindert wird. Das Fehlen von IL-12 während der Aktivierungsphase von
T-Helferzellen verhindert wiederum die Entwicklung von Th1 und führt zur Aktivierung von Th2-Zellen und somit zu allergischen Reaktionen. „Mit dieser Reaktionskette von Allergen-Aufnahme,
Produktion von FPR3-bindenden Peptiden in der dendritischen Zelle, Blockade der IL12-Produktion und der Entwicklung von Th2-Zellen konnten wir erstmals die Entstehung lipocalinspezifischer
allergischer Reaktionen nachweisen“, bestätigt Erstautor M. Sc Dominik Klaver.
In einem nächsten Schritt manipulierten die ForscherInnen FPR3 in allergenbehandelten dendritischen Zellen und konnten dadurch die therapeutische Angriffsfläche des Rezeptors sichtbar machen.
„Durch Gen-Silencing oder die Zugabe eines Antagonisten lässt sich die Funktion des Rezeptors ausschalten, wodurch wir sehen konnten, dass die Entwicklung von Th2-Zellen tatsächlich verhindert
wird. Stattdessen kommt es zur Ausreifung von T-Helferzellen, die das anti-inflammatorische Zytokin IL10 produzieren und damit die Immunantwort behindern – eine durchaus gewünschte Reaktion
bei Allergien“, so
Heufler-Tiefenthaler.
| ve
Peptides from allergenic
lipocalins bind to Formyl-Peptide-
Receptor 3 in human dendritic cells
to mediate Th2 immunity. Klaver D,
Posch B, Geisler A, Herrmann M, Reider
N, Heufler C. J Allergy Clin Immunol.
2019 Jul 19. [Epub ahead of print]
Kontakt
ao.Univ.-Prof. Dr. phil.
Christine Heufler-Tiefenthaler
Universitätsklinik für Dermatologie,
Venerologie und Allergologie
der Medizin Universität Innsbruck
Anichstraße 35
A-6020 Innsbruck, Österreich
Tel.: +43 50 – 504 – 230 43