Spezial: Patientenregister

PsoBest misst seit acht Jahren die Psoriasis

Die Vermessung der Psoriasis in Deutschland fußt seit jeher auf der lokalen Ebene. Im DERMAforum erläutert Mario Gehoff, wie erstteilnehmende Ärzte mit ihren Praxisteams es ermöglicht haben, dass das Deutsche Psoriasis-Register PsoBest im Sommer 2016 die Marke von 5.000 Patienteneinschlüssen vermelden konnte.

Abbildung 1: „PsoBest-on-Tour“: Dezentrale Veranstaltungstermine ab November 2016 (Abbildungen: PsoBest)
Abbildung 1: „PsoBest-on-Tour“: Dezentrale Veranstaltungstermine ab November 2016 (Abbildungen: PsoBest)

Der Austausch zwischen den Versorgern und dem Register ist dabei die Grundlage für das fruchtbare Wirken eines Patientenregisters.
Ab November 2016 wird PsoBest zusätzliche Möglichkeiten schaffen, die Zusammenarbeit weiter zu optimieren und zu vertiefen. Mit „PsoBest-on-Tour“ wird das Register dezentrale Veranstaltungen durchführen, die neben einem normalen Austausch neuester Zahlen und Erkenntnisse auch einen Schulungsblock enthalten. PsoBest ist damit zwar außerhalb seines Sitzes in Hamburg, aber keinesfalls außerhalb seiner angestammten Wirkungsstätte tätig: Die lokale Verankerung in den einzelnen Praxen der über 770 Prüfärzte, verteilt in ganz Deutschland, ist der entscheidende Faktor des Registerbetriebes.
Patientenregister sind zentrale Sammelstellen: Teilnehmende Ärzte melden die spezifischen Behandlungsdaten ihrer Psoriasispatienten, so entsteht wie bei einem Puzzle mit jedem Einschluss mehr ein Abbild der realen Versorgungssituation. Diesen stark praxisorienierten Datenpool können Wissenschaftler anschließend verschiedenen Fragestellungen unterwerfen. Während klinische Studien von vornherein zeitlich beschränkt sind, so sind Patientenregister wie PsoBest darauf ausgelegt, z. T. über Jahrzehnte hinweg robuste Aussagen (z. B. zu Epidemiologie, Therapie, Patientennutzen, Arzneimittelsicherheit) über die Versorgungssituation zu liefern.


Bereits 2008 eigenes Registerprojekt aufgestellt


Patientenregister sind weltweit auf dem Vormarsch. Die deutsche Dermatologie hat dies früh erkannt und bereits im Jahr 2008 in Kooperation der dermatologischen Fachgesellschaften BVDD und DDG mit dem Competezzentrum für Versorgungsforschung in der Dermatologie (CVderm) ein eigenes Registerprojekt aufgestellt. In PsoBest eingeschlossen werden Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Psoriasis, die erstmalig eine medikamentöse Behandlung mit einem Biologikum oder mit einer der herkömmlichen systemischen Substanzen neu beginnen. Der Therapieverlauf wird über zehn Jahre dokumentiert.
Aktuell vereint das Deutsche Psoriasis-Register PsoBest über 5.400 Patienteneinschlüsse, 75 % hiervon wurden von niedergelassenen Ärzten vorgenommen. Damit hat sich PsoBest zum größten Registerprojekt der deutschen Dermatologie entwickelt. Mit fast 70 % lassen sich die meisten Patienten auf eine Therapie mit Systemtherapeutika ein. Am häufigsten verschrieben: Fumarsäureester (über 1.800), Methotrexat (über 1.200) und das Biologikum Adalimumab (etwa 570), vgl. Abbildung 2.
Prüfärzte, die an PsoBest teilnehmen, gehören sicherlich zu den fachlich interessiertesten und damit zu den am besten informiertesten Ärzten innerhalb der Dermatologie. In regelmäßigen Abständen veröffentlicht PsoBest den neuesten Stand der Erkenntnis seiner im Register eingeschlossenen Daten. Auch trifft man Registervertreter mit Beiträgen und Vorträgen auf zahlreichen Fachkongressen. So gelingt es gemeinsam in fachlicher Diskussion, die Erkenntnisse aus den gemeldeten Parametern von der Ebene der Wissenschaft zurück auf die Ebene der täglichen Versorgung in der Praxis zurückzuwerfen und die Weichen für weitere Optimierungsprozesse zu stellen. Zudem werden auf den bislang zweimal jährlich in Hamburg stattfindenden Prüfarzttreffen aktuelle PsoBest-Ergebnisse vorgestellt und diskutiert. Der erfolgreiche Austausch von Daten und Informationen ist damit entscheidend für das Gelingen eines Patientenregisters. Das im Herbst startende „PsoBest-on-Tour“ ist folgerichtig eine Erweiterung dieser Interaktion und soll eine noch optimiertere Integration der Prüfärzte in die Forschungsarbeit des Psoriasisregisters ermöglichen. Entsprechend werden in den Prüfarzttreffen auch Schulungen, beispielsweise zur korrekten Bestimmung des Psoriasis-Schweregrades mittels des PASI-Fragebogens, einen der Schwerpunkte bilden. Zwar sind die Fragebogen von PsoBest standardisiert und getestet, für die Belastbarkeit und die Aussagefähigkeit der erhobenen Daten ist eine korrekte Anwendung des Messinstrumentes jedoch unerlässlich. Die Treffen werden eng an Jahrestagungen dermatologischer Initiativen und Verbände gekoppelt sein (vgl. Abbildung 1).


Unproblematische Einbindung in den Praxisalltag


Die Einbindung von PsoBest in den Praxisalltag gestaltet sich unproblematisch und nur mit geringem zusätzlichem Aufwand. Über zehn Jahre werden die PsoBest-Fragebogen von Arzt und Patient sukzessive ausgefüllt und an das PsoBest-Team geschickt. Insgesamt 22-mal visitieren die Prüfärzte ihre Patienten. Zudem erhebt PsoBest zwischen den Visiten weitere Daten durch eine postalische Patientenbefragung. Erfasst werden u. a. Angaben zu Begleiterkrankungen, Lebensqualität, Patientennutzen und Gesundheitszustand, Fragen zur gesetzlich vorgeschriebenen Überwachung der Arzneimittelsicherheit runden das Spektrum ab. Um den zeitlichen und arbeitsintensiven Mehraufwand der Prüfarztteams aufzufangen, wird jeder komplett ausgefüllte und an PsoBest zurückgesendete Fragebogen mit 100 Euro (Erstvisite) bzw. 60 Euro (Folgevisiten) vergütet.
Mit seinen Daten trägt PsoBest aktiv zur Überwachung der Sicherheit und Wirksamkeit der Psoriasistherapie auf europäischer Ebene bei, indem u. a. halbjährlich Sicherheitsberichte an Behörden und Pharmahersteller verschickt werden. Kürzlich veröffentlichte Auswertungen der PsoBest-Daten bezüglich ‚schwerwiegender unerwünschter Ereignisse’ (z. B. Tod oder Geburtsfehler) ermittelten eine Quote von von 1,3 pro 100 Patientenjahre bei Systemtherapeutika und 1,5 bei Biologika. Umgelegt auf einzelne Ereignisse ergeben sich die Werte (Systemtherapeutika/Biologika): 0,33/0,65 bei schweren Infektionen, 0,46/0,49 bei Malignität und 0,56/0,77 bei schweren kardinalen Komplikationen. Unter den einzelnen Medikationen gab es im Bereich der Pharmakovigilanz keine signifikanten Unterschiede, Systemtherapeutika und Biologika liefern eindeutig befriedigende Ergebnisse. Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Daten aus anderen Psoriasisregistern, so bestätigen die Feststellungen von PsoBest die Sicherheit der eingesetzten Arzneimittel.

Chance für die versorgenden Ärzte

 

In Deutschland leiden circa zwei Millionen Menschen unter einer Schuppenflechte. Dies zeigt die Wichtigkeit, mit der Psoriasisregister ihrer Arbeit nachgehen müssen. Denn es gilt, das erlebte Wissen von Erkrankten und ihren Ärzten, gesammelt im Datenpool eines Registers, in eine effiziente, sichere und Leiden reduzierende Routineversorung umzusetzen. Das Patientenwohl steht im Mittelpunkt jeder therapeutischen Tätigkeit; an einem Patientenregister wie PsoBest mitzuwirken bringt auch eine Chance für die versorgenden Ärzte. So tragen die standardisierten Fragebogen dazu bei, dass die Behandlung qualitativ hochwertig und leitliniengerecht durchgeführt wird. Zudem erhalten die Prüfarztteams alle 6 Monate besondere Auswertungen: Daten über die Therapie jedes eigenen Patienten, ergänzt um eine Einordnung dieser Behandlungsverläufe in die Summe der Verläufe aller PsoBest-Zentren. Gewonnen wird damit eine Reflexion der individuellen Behandlungssituation, die außerhalb der Arzt-Patienten-Situation entsteht. Neueste Erkentnisse, gewonnen in Kooperation von Forschung und alltäglicher Versorgung, können somit direkt in die Behandlung jedes einzelnen Dermatologen einfließen und wirken gleichzeitig an der Weiterentwicklung der allgemeinen dermatologischen Versorgung mit. Ideale Voraussetzungen für eine optimale Behandlung, die auch in Deutschland immer noch verbesserungswürdig ist.


Einfluss auf optimierte Prozesse und Entwicklungen nehmen


Viele Dermatologen haben erkannt, wie einfach es für sie ist, trotz eines zunehmend aufwendigeren Praxis­alltags an universitärer Forschung mitzuwirken und damit aktiv Einfluss auf optimierte Prozesse und Entwicklungen zu haben. Mittlerweile weist der Datenbestand von PsoBest einen Zeitraum von über 2.500 Behandlungsjahren bei Biologika beziehungsweise 5.000 bei Systemtherapeutika auf und unterstreicht damit die Authentizität der abgebildeten Versorgungssituation hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und Effizienz.
Die PsoBest-Ärzte, über 91 % stammen aus dem niedergelassenen Bereich, verteilen sich in ganz Deutschland, eindeutige Ballungszentren sind Nordrhein-Westfalen (über 470) und Bayern (rund 90). Das ist insofern nicht überraschend, als dass diese Länder auch die bevölkerungsreichsten sind. Stellt man die Anzahl der Prüfärzte in Relation zu den Einwohnern, so liegen Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern mit jeweils 1,5 Arztzentren pro 100.000 Einwohner vorne. Eine ähnliche regionale Verteilung kann bei den Patienteneinschlüssen beobachtet werden: Knapp 20 % aller Einschlüsse in PsoBest (rund 1.000) stammen aus Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Berlin mit nur ca. 570 Einschlüssen. In der relativen Betrachtung liegt aber auch hier Hamburg mit 20,2 Patienteneinschlüsse pro 100.000 Einwohner vorn. Doch in diesem Datenmeer darf nicht untergehen, wofür Patientenregister wie PsoBest stehen: Anonymisiert und kodiert steht jeder einzelne Datensatz für einen unter seiner Krankheit leidenden Menschen und damit stellvertretend für das Leiden von über 120 Millionen Menschen weltweit.
Da Krankheiten nicht nur die körperlichen, sondern auch die sozialen Lebensbereiche der Betroffenen negativ tangieren, erweist sich die ärztliche Tätigkeit als komplex und verantwortungsvoll.
Erfahrung, insbesondere als direkte Folge der beruflichen Praxis, und Wissen sind unerlässlich. Es liegt in der Verantwortung jedes Arztes, sein Handeln und seinen Wissenstand stetig den aktuellen Entwicklungen und Erkenntnisse anzupassen.
Eine erstklassige Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen sind hier ein adäquates Mittel, die Begegnung der Versorgungsforschung mit offenen Augen und aktiven Taten ist aber ebenso wichtig wie nötig. Wie bereits erwähnt werden PsoBest-Prüfärzte über den normalen medialen Informationsfluss hinaus in ihrer genuinen Aufgabe als Arzt noch weiter unterstützt. Auch deswegen geht PsoBest „auf Tour“.


Die „Weisheit der Vielen“ erreicht mehr


Lokal aktiv zu sein ist immer richtig. Aber gerade Patientenregister wie PsoBest zeigen, dass mit einem kooperativen Ansatz und der viel zitierten „Weisheit der Vielen“ noch sehr viel mehr erreicht werden kann, um Patienten wieder die Chance auf ein weitesgehend gesundes Leben einzuräumen.