Klinische Praxis Prof. Dr. med. Uwe Reinhold, Bonn, wird auf der kommenden Tagung Dermatologische Praxis – kurz DERM – in Frankenthal einen Überblick geben zu den
derzeitigen Erkenntnissen zur
Aktinischen Keratose.
Aktinische Keratosen stellen einen der häufigsten Behandlungsanlässe in der täglichen klinischen Praxis dar. Durch das Potenzial, in ein invasives Plattenepithelkarzinom überzugehen und stetig steigenden Inzidenzen in den Industrienationen ist die Aktinische Keratose zunehmend in den Fokus des Interesses gerückt. Paradigmen, die lange Zeit das Verständnis der Erkrankung geprägt haben, sind durch neue Erkenntnisse widerlegt worden. So konnte gezeigt werden, dass von der klinischen Dicke einer Läsion keine Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Histologie möglich ist. Es konnte auch gezeigt werden, dass die histologisch frühste Form (AK I) anscheinend den größten Anteil an der Progression in einen invasiven Tumor besitzt. Somit lässt sich die Theorie eines Krankheitskontinuums nicht mehr aufrechterhalten und die entsprechende Risikograduierung einzelner histologischer Subtypen stark infrage stellen.
„AKASI“: Neuer Score zur quantitativen Flächenbewertung
Jedoch ist es bei einer chronischen Volkskrankheit wie der Aktinischen Keratose von großer Bedeutung, Einteilungen zu verwenden, die eine individuelle Risikobewertung der Patienten zulassen.
Daher wurde auf klinischer Seite jüngst ein neuer Score zur quantitativen Flächenbewertung von Aktinischen Keratosen im Kopf- und Gesichtsbereich entwickelt. Der sog. „AKASI“ (actinic keratosis
area and severity index) leitet sich aus der Psoriasis vom „PASI“ ab und findet analog über die Einteilung des Kopfes in vier Regionen und der Bewertung von drei Items zur Schweregradeinschätzung
Anwendung. In einer weiteren Studie konnte bereits gezeigt werden, dass die Entstehung von Plattenepithelkarzinomen signifikant mit höheren AKASI Werten als bspw. der Entstehung von
Basalzellkarzinomen assoziiert sind. Weitere Studien konnten ebenfalls die hohe Praktikabilität und Anwendung im Rahmen von klinischen Studien zeigen. Mit Zielparametern wie AKASI 75, AKAKSI 50
etc. lassen sich sowohl klinische Studien bewerten und vergleichen, aber auch im klinischen Alltag Therapieansprechen und bei BG-Verfahren die Erkrankungsschwere standardisiert evaluieren.
Unterscheidung wichtig, aber noch nicht möglich
Auch histologisch zeigen sich neue Entwicklung bei dem Verständnis und der Einteilung Aktinischer Keratosen. So wurde eine Erweiterung der histologischen Klassifikation vorgeschlagen, die das
basale Proliferationsverhalten der atypischen Keratinozyten bewertet. Aus dem Verständnis heraus, dass der Ursprung von Invasivität in dem Durchbruch veränderter Zellen durch die Basalmembran
liegt, ist die Bewertung insbesondere dieser Region naheliegend. Die Einteilung gliedert das basale Proliferationsverhalten (PRO-Grading) in eine Verdichtung basaler atypischer Keratinozyten (PRO
I), in eine Ausknospung in die obere Dermis (PRO II) und in die Entstehung fingerförmiger Ausläufer in die papilläre Dermis (PRO III). Die beschriebenen Veränderungen finden im Unterschied zu
einem invasiven Tumor alle unter erhaltener Basalmembran statt. Insbesondere die fortgeschrittenen basalen Wachstumsmuster scheinen mit der Inzidenz von Plattenepithelkarzinomen assoziiert zu
sein. Jedoch sind weitere Untersuchungen – vor allem auf molekularbiologischer Ebene – notwendig, um Erkenntnisse und im besten Fall valide Surrogatmarker zu erlangen.
Ziel ist es, eine individuelle Risikostratifizierung der Patienten zu ermöglichen, um Patienten mit hohem Therapiebedarf von denen mit geringem oder keinem Therapiebedarf zu unterscheiden.
Solange wir aber nicht wissen, ob und wann eine Aktinische Keratose in ein invasives Plattenepithelkarzinom übergeht, bleibt derzeit nur die Behandlung der gesamten aktinisch geschädigten Fläche,
um sowohl klinische als auch subklinische Läsionen zu erfassen.
Kontakt:
Prof. Dr. med. Uwe Reinhold
Dermatologisches Zentrum Bonn
Friedensplatz 16, 53111 Bonn
0228 227209200
info@derma-bonn.de
www.derma-bonn.de