Spezial Dermatologische Prävention: Präventionsdiagnostik
Wird ein malignes Melanom nicht frühzeitig erkannt, sinken die Heilungschancen – doch die Vorsorgeuntersuchungen sind kompliziert. Fraunhofer-Forscher haben mit mehreren Projektpartnern ein
Assistenzsystem entwickelt, das Dermatologen bei der Diagnostik unterstützt.
Dringt ein malignes Melanom erst einmal in tiefere Hautschichten ein, sinken die Heilungschancen auf unter zehn Prozent. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen sind der einzige Weg, um kritische
Hautveränderungen frühzeitig zu erkennen. Der Arzt inspiziert dazu mit einem Dermatoskop atypische Leberflecken auf Merkmale wie Größe, Textur und Umrandungen und beobachtet, ob sie sich im Laufe
der Zeit verändern. Da die meisten Menschen viele davon haben, ist das eine zeitaufwendige Prozedur. Zudem ist es schwierig, Veränderungen wie etwa das Wachstum einzelner Leberflecke im Auge zu
behalten, da sie der Arzt bei der nächsten Untersuchung oft nicht zweifelsfrei identifizieren kann.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF entwickelten auf Initiative und gemeinsam mit der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Magdeburg sowie
Industriepartnern einen dermatologischen Ganzkörperscanner, der Ärzte künftig bei der Hautdiagnostik unterstützen soll: „Der Scanner liefert standardisierte Daten, um die Haut zu beurteilen. Er
ermöglicht zugleich eine verbesserte Verlaufsdokumentation jedes einzelnen aufgefallenen Leberflecks“, sagt Dr. Ing. Christian Teutsch vom IFF.
Zu Beginn der Untersuchung wird die Hautoberfläche des Patienten aus verschiedenen Positionen gescannt und in etwa 100 Einzelbilder unterteilt. Solche bildbasierten Dokumentationen gibt es
bereits. „Der Knackpunkt ist aber, dass man allein anhand der Aufnahmen die tatsächliche Größe und Wachstumsveränderungen nicht eindeutig erkennen kann“, erklärt Teutsch. Der Dermascanner
erstellt daher zusätzlich 3D-Messdaten, die mit den 2D-Aufnahmen fusioniert werden. Dadurch wird jedem einzelnen Pixel im Bild ein Maßstab zugeordnet. Damit dies funktioniert, integrieren die
Experten mehrere 3D-Sensoren in den Scanner. Die Sensoren und Kameras werden kalibriert, sodass ihre räumliche Lage exakt bekannt ist. Treffen nun Lichtstrahlen aus der Kamera auf den Leberfleck,
kann man ihnen einen genauen 3D-Abstand zuordnen.
Selbst wenn verschiedene Aufnahmen nicht aus der exakt gleichen Entfernung aufgenommen wurden – was kaum möglich ist – kann der Arzt anhand des Maßstabs die tatsächlichen Größenverhältnisse
eindeutig bestimmen. Die Messdaten und Bildaufnahmen werden in eine Analysesoftware eingespeist, dort ausgewertet und durch eine automatische Klassifizierung vorsortiert. Existieren
Verlaufsaufnahmen früheren Datums, vergleicht die Software diese mit den aktuellen Bildern.
„Mit unserer Technologie erkennt man ein Wachstum ab einem halben Millimeter“, sagt Teutsch. Ein weiterer Vorteil: Die 3D-Messdaten erlauben dem Arzt eine eindeutige Re-Lokalisierung jedes
einzelnen Leberflecks.
„Es kommt häufig vor, dass ein einzelner Patient mehrere hundert Leberflecke aufweist“, berichtet Prof. Dr. med. Harald Gollnick, Direktor der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie
Magdeburg. Wenn sich ein solcher Hochrisikopatient nach einiger Zeit erneut beim Arzt vorstellt, lässt sich bei einer mit Pigmentmalen übersäten Haut mit herkömmlichen Untersuchungsmethoden nicht
nachvollziehen, ob Stelle und Größe der Leberflecke noch identisch sind. Gollnick: „Mit dem neuen Ganzkörper-Hautkrebs-Früherkennungssystem ist erstmals eine annähernd standardisierte Beurteilung
von Zustand und Veränderungen der Haut möglich.“
„Die Diagnose selbst ist und bleibt Sache des Arztes“, betont Teutsch. Dazu stehen dem Arzt sowohl die Messergebnisse als auch die Bildaufnahmen mit einer zusätzlichen 3D-Tiefenkarte zur
Verfügung, auf der die Entfernung der einzelnen Pixel in der Aufnahme verzeichnet ist. Da schon minimale Veränderungen eines atypischen Leberflecks von Bedeutung sein können, müssen die Mess- und
Bilddaten zu jedem Zeitpunkt und auch zwischen verschiedenen Geräten vergleichbar sein.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Entwicklung war daher die Standardisierung des Dermascanners – ebenfalls eine Expertise des IFF: „Wir kalibrieren alle relevanten Bestandteile wie zum Beispiel
Lichtquellen und rechnen die Bildaufnahmen in einen einheitlichen Farbraum um“, erklärt Teutsch.
Dies stellt sicher, dass Effekte wie etwa ein Nachlassen der Leuchtstärke im Laufe der Zeit die Ergebnisse nicht beeinflussen.