Spezial: 1. Weltkongress der internationalen konfokalen Arbeitsgruppe (ICWG) in Madrid

Die ganze Welt der dermatologischen KLSM

Dr. med. Bernd Kardorff, Dermatologe und medizinischer Fachjournalist aus Mönchengladbach, berichtet für DERMAforum vom 1. Weltkongress der internationalen Arbeitsgruppe ICWG Mitte Juni 2016 in Madrid.

Das erste eigenständige ICWG-Symposium fand Mitte Juni in der Universitätsklinik Ramón y Cajal im Norden Madrids statt. (Foto: Kardorff)
Das erste eigenständige ICWG-Symposium fand Mitte Juni in der Universitätsklinik Ramón y Cajal im Norden Madrids statt. (Foto: Kardorff)

Die International Confocal Working Group ist eine Gruppe von Medizinern und Forschern, der die Anwendung und Weiterentwicklung der bildgebenden dermatologischen Diagnostik mit der konfokalen Laserscanmikroskopie (Reflectance Confocal Microscopy [RCM]) am Herzen liegt. In gemeinschaftlicher Arbeit wird die Ausbildung zur Beherrschung der Methode gefördert, werden Kriterien für die Beurteilung von Läsionen in Studien erforscht und festgelegt und die diagnostische Genauigkeit immer weiter verbessert.
Ziele sind u. a. das therapeutische Monitoring von Dermatosen, die Vermeidung unnötiger Exzisionen von Naevi und anderen Hautveränderungen sowie die weitere Erhöhung der Sensitivität bei der Melanom-Früherkennung.


Erstes eigenständiges Symposium der ICWG


Nach zahlreichen Treffen in den vergangenen Jahren im Rahmen großer dermatologischer Kongresse wie WCD, EADV oder AAD fand nun unter Leitung von Prof. Salvador Gonzalez, Madrid, New York, das erste eigenständige ICWG-Symposium am 10. und 11. Juni 2016 in Madrid statt. Teilnehmer aus aller Welt waren angereist, wobei erfreulicherweise auffiel, dass sich insbesondere auch jüngere Kolleginnen und Kollegen für die zukunftsweisende Methode der konfokalen Laserscanmikroskopie (KLSM) begeistern.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Italien, Spanien oder auch Frankreich wird diese bildgebende, hochauflösende dermatologische in vivo Diagnostik auf Zellniveau in Deutschland noch relativ stiefmütterlich behandelt. Inzwischen gibt es zwar rund 35 ambulante Zentren in Hautarztpraxen deutschlandweit, die u. a. zur Früherkennung von Melanomen oder zur Verlaufsbeobachtung von Dermatosen die konfokale Laserscanmikroskopie einsetzen.
Unerklärlicherweise scheint jedoch bislang unsere universitäre Medizin bei der fortschrittlichen Entwicklung der nicht invasiven, bildgebenden Diagnostik auf Zellniveau hinterherzuhinken. Rühmliche Ausnahmen mit hoher internationaler Anerkennung und Akzeptanz im Bereich der konfokalen Laserdiagnostik stellen dabei unter anderem die Zentren der LMU München, Berlin und Augsburg dar; in Madrid z. B. vertreten durch Elke Sattler aus der Klinik von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Ruzicka, Dr. med. Martina Ulrich,ehemals Charité, und Prof. Dr. med. Julia Welzel, Augsburg.
Veranstaltungsort des Symposiums war die 1977 eröffnete Universitätsklinik Ramón y Cajal im Norden Madrids, welche zu den führenden Forschungskrankenhäusern Spaniens zählt.


Rundumschlag durch alle dermatologischen Bereiche


Die Kongressinhalte bildeten einen Rundumschlag durch alle dermatologischen Bereiche, in denen die konfokale Laserscanmikroskopie sinnvoll und bereichernd eingesetzt werden kann.
Den Auftakt machte Marco Ardigo aus Rom mit dem State of the Art der KLSM/RCM bei entzündlichen Haut­erkrankungen. Insbesondere laufen aktuelle Studien zur Akne, Rosacea, Kopfhauterkrankungen, Melasma und Vitiligo. Besonders vielversprechend sind hierbei die objektivierbaren, nicht invasiven Therapieverlaufskontrollen auf Zellniveau.
Marina Agozzino, Rom, berichtete über den Nutzen der KLSM im Bereich der Trichologie und Trichoskopie. Durch Anwendung der KLSM erhält man sehr präzise Informationen über die Verteilung und Dichte adnexaler Strukturen, die Konsistenz der Haarschäfte und die Lokalisation und Menge inflammatorischer Zellen in den unterschiedlichen Hautschichten. Weiterhin ist die RCM sehr gut geeignet, narbenbildende von nicht narbenbildenden Alopezien zu differenzieren. Auch das Stadium der narbenbildenden Alopezien ist gut einzuschätzen am lebenden Gewebe durch die Zahl der Entzündungszellen und den unterschiedlichen Grad dermaler Sklerosierung entlang der Adnexe. Somit ist die KLSM ideal für die Begleitung und Evaluation therapeutischer Prozesse.


Ausgezeichnete Korrelation zwischen den konfokalmikroskopischen Bildern


Das Thema von Francesco Lacarrubba, Catania, Italien, war die in vivo Mikroskopie blasenbildender Erkrankungen. Hierbei kann man mit der KLSM sowohl die Vesikel leicht identifizieren wie auch die Split-Ebene klar definieren. Es gibt eine ausgezeichnete Korrelation zwischen den konfokalmikroskopischen Bildern, dem Tzanck-Test und der Histopathologie. Die KLSM unterstützt die klinische Diagnosestellung der blasenbildenden Dermatose und gibt Hinweise für weitere notwendige Untersuchungen. Mit dem Handmikroskop ist eine schnelle Untersuchung verschiedener Lokalisationen möglich. Insbesondere anatomisch schwierige Stellen wie Hautfalten, Kopfhaut, Nasenwinkel, Augenlider, Schleimhaut und Ohren sind für das Handgerät leicht zugänglich. Hochinteressant sind die konfokalmikroskopischen Optionen zur Beobachtung der Hautalterung. Wie man im Live-Bild sieht, ist junge Haut durch regulär angeordnete polygonale Keratinozyten und fein definierte, netzartig angeordnete Kollagenfasern definiert. Mit zunehmendem Alter, so die Referentin aus dem wissenschaftlichen Beirat der ICWG, Caterina Longo, Modena, Italien, sind die Keratinozyten unregelmäßiger geformt, Areale unregelmäßiger Pigmentierung zeigen sich und die Kollagenfasern werden kompakter. Dies alles lässt sich hervorragend mit der Konfokalmikroskopie der Haut reproduzierbar machen und eindrucksvoll nachvollziehen. Beim älteren Menschen wird die leicht zu messende Dicke der Epidermis immer geringer, die Keratinozytenatypien werden augenfälliger und ein Wirrwarr von Kollagenbündeln und gekräuselten Fasern beweist die zunehmende Elastosis cutis.

Atypische Melanozyten an der Dermoepidermalen Junktionszone im KLSM Horizontalschnitt verglichen mit dem histologischen Vertikalschnitt in der Melanomdiagnostik (Quelle: Vortrag Caterina Longo, Italien)
Atypische Melanozyten an der Dermoepidermalen Junktionszone im KLSM Horizontalschnitt verglichen mit dem histologischen Vertikalschnitt in der Melanomdiagnostik (Quelle: Vortrag Caterina Longo, Italien)

Therapeutisches Monitoring bei Rosacea


Dr. med. Elke Sattler, München, zeigte ihre eindrucksvollen Untersuchungsergebnisse zum therapeutischen Monitoring bei Rosacea. Durch die KLSM können z. B. Demodex-Milben nicht invasiv und in vivo einfach entdeckt und in ihrer Quantität bestimmt werden. Die Milbenzahl der Haut bei Rosacea-Patienten ist bei Weitem höher als in gesunder Gesichtshaut. Durch die Lasermikroskopie kann die Milbenzahl an gleicher, reproduzierbarer Lokalisation einfach und eindeutig bestimmt werden und ohne Entfernung der Milben, z. B. durch umständliches Tesa-Stripping und händisches Mikroskopieren, im Therapieverlauf überwacht werden. Hierdurch sieht man den eindeutigen therapeutischen Effekt durch z. B. systemisches Doxycyclin oder topisches Ivermectin an derselben Vergleichsstelle, ohne dass man die Milbenreduktion auf die mechanische Entfernung bei herkömmlichen Untersuchungsmethoden zurückführen kann.


Plaque-Psoriasis von der Guttata-Form differenzieren


Die vivaskopischen Möglichkeiten der Subtypisierung der Psoriasis und der Überwachung des Therapieverlaufs präsentierte Anna Pampin, Madrid. Z. B. kann die Plaque-Psoriasis von der Guttata-Form differenziert werden, auch können Unterschiede zwischen stabilen und instabilen Psoriasisplaques dargestellt werden. Im Gegensatz zur klassischen Histologie können biologische Veränderungen unter der antipsoriatischen Therapie an exakt derselben Lokalisation beobachtet werden.
Dies ist sowieso die große diagnostische Überlegenheit der konfokalen Laserscanmikroskopie bei allen nicht invasiven Therapieformen. Bei der konventionellen dermatohistopathologischen Untersuchung wird prinzipiell das zu untersuchende Gewebestück entfernt. Somit muss eine Verlaufsbiopsie zwangsläufig von einer anderen Stelle entnommen werden. Der ideale Verlaufsbeobachtungszustand ist jedoch prinzipiell das Monitoring ein und derselben Stelle. Wie die Zusammenfassung der Vorträge durch Prof. Salvador Gonzalez, Madrid, zeigte, bietet die KLSM ideale Monitoringeigenschaften bei inflammatorischen Hauterkrankungen, blasenbildenden Dermatosen, beim weißen Hautkrebs (NMSC), bei Haarerkrankungen, u. v. m.
Auch Ulrich, die Deutsche Konfokal-Spezialistin insbesondere für den nicht melanozytären Hautkrebs, brachte eindrucksvolle Beispiele und Untersuchungen zu aktinischen Keratosen sowie in situ und invasiven Plattenzellkarzinomen.


Spektakuläre Vergleichsbilder


Viele weitere Kongresshighlights boten Alon Scope, Israel, zur Naevus-Diagnostik, Susana Puig, Barcelona, und Caterina Longo, Italien, zum Melanom und die Dermatohistopathologin Melissa Gill, New York, mit ihren spektakulären Vergleichsbildern zwischen den schwarz-weißen RCM-Bildern und der klassischen Histologie. (siehe Abb.)


Besonderes Früherkennungspotenzial


Sie zeigte gerade im Bereich des melanozytären Hautkrebses das besondere Früherkennungspotenzial der Konfokalmikroskopie anhand der optischen horizontalen Schnittführung auf und präsentierte vergleichend, welche histologischen Schnittebenen man benötigen würde, um direkt vergleichbar zur KLSM die histologischen Zellveränderungen zu sehen.
Einen großen Schwerpunktblock stellte aber auch die in internationalen Kliniken praktizierte ex vivo Konfokalmikroskopie dar, die z. B. intraoperativ als alternative, rasche und unkomplizierte Schnellschnittdiagnostik eingesetzt wird. Neben Referenten aus Spanien, Italien und den USA referierten Daniela Hartmann, München, und Welzel zu diesem innovativen Themenkomplex. Welzel gab konkrete Hinweise und zeigte einige Tricks zur optimalen Bilddarstellung und Auflösung bei der Ex-Vivo-KLSM.


Regelmäßige Treffen des Deutschen konfokalen Qualitätszirkels


Bei der abschließenden interaktiven Sitzung mit Beiträgen aus den Niederlanden, Deutschland, Spanien, Italien, Israel und den USA stellte u. a. Dr. med. Cristel Ruini, München, hochinteressante Fälle vor. Wer nicht den Anschluss an die diagnostische, non invasive Zukunft der bildgebenden Verfahren in der Dermatologie verpassen möchte, kann sich bei der DDG Arbeitsgemeinschaft für physikalische Diagnostik in der Dermatologie (ApDD) z. B. auf der Münchner Fobi (2016) oder bei der kommenden DDG Tagung (2017) informieren oder an den regelmäßigen Treffen des deutschen konfokalen Qualitätszirkels im Wechsel in Berlin oder Köln bei Frau Dr. med. Martina Ulrich oder Frau Dr. med. Anne Hundgeburth, Köln, teilnehmen.