Psoriasis kann jeden treffen

Psoriasis bei Kindern und Jugendlichen Mario Gehoff vom Competenzzentrum in der Dermatologie (CVderm) Hamburg-Eppendorf gibt einen kleinen Einblick, wie unterschiedlich die Versorgungslage zwischen den Altersklassen bei Psoriasis ist.

Abbildung 1: Anteil der Erstkonsultationen bei juveniler Psoriasis (Ausschnitt: Norddeutschland) (Grafiken:  Gehoff)
Abbildung 1: Anteil der Erstkonsultationen bei juveniler Psoriasis (Ausschnitt: Norddeutschland) (Grafiken: Gehoff)

Psoriasis gehört auch bei den jüngsten Patienten zu den häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Wie manifestiert sich Psoriasis in den verschiedenen Altersgruppen? Welche Unterschiede gibt es in der Versorgung zwischen Jung und Alt? Das deutsche Gesundheitssystem zählt im internationalen Vergleich zu den leistungsstärksten. Bis heute sichern der Einsatz neuester Behandlungsmethoden sowie ein dichtes Netz an Arztpraxen, Kliniken und Pflegeeinrichtungen ein hohes Versorgungsniveau und sorgen dafür, dass medizinische Leistungen in Deutschland prinzipiell schnell und gezielt bei den Patienten ankommen. Umso erstaunlicher ist es, dass die unbedarftesten Teile in unserer Gesellschaft wie Jugendliche, Kinder und Babys, die nicht für sich selbst alleine Sorge tragen können, bei der Behandlung ihrer Psoriasis zurückstehen müssen.
Psoriasis tritt in jedem Alter auf und ist mit etwa zwei Millionen Betroffenen in Deutschland eine der häufigsten Dermatosen. Kennzeichnend sind Entzündungen und Schuppungen unterschiedlich großer Hautareale und viele Nebenerkrankungen, zusätzlich ist die Lebensqualität vieler Betroffener durch die klinischen Symptome und Stigmatisierung stark gemindert. Die Diagnose geht häufig einher mit zusätzlich auftretenden Erkrankungen, die das ohnehin schon hohe Therapiebedürfnis der Betroffenen noch verstärken. Studien auf der Grundlage von Krankenkassendaten zeigen, dass Erkrankungen aus dem metabolischen Formenkreis 2,9-fach häufiger unter adulten Psoriasispatienten anzutreffen sind.
Ähnlich verhält es sich mit arterieller Hypertonie und Hyperlipidämie. Bei Kindern und Jugendlichen mit Psoriasis ist die Rate an Begleiterkrankungen doppelt so hoch wie bei Gleichaltrigen ohne Schuppenflechte.

 

"Hervorgehoben werden muss vor allem die Notwendigkeit nach einer leitlinienorientierten Therapie bei Kindern."


Hinsichtlich der Schwere der Erkrankung und der betroffenen Hautflächen wiesen jüngst veröffentlichte Auswertungen des Deutschen Psoriasis-Registers PsoBest keine Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen (hier: 18 – 34, 35 – 64, über 65 Jahre) nach. Dennoch tritt beispielsweise eine Psoriasisarthritis in der Altergruppe der 18 – 34-Jährigen deutlich seltener auf, als in den höheren Altersklassen.

Abbildung 2: Prävalenz bei juveniler Psoriasis (Ausschnitt: Norddeutschland)
Abbildung 2: Prävalenz bei juveniler Psoriasis (Ausschnitt: Norddeutschland)

Ähnliche Aussagen können beim Befall der Nägel getroffen werden: Bei Patienten im Alter von 35 bis 64 Jahren ist dies signifikant häufiger (56 %) zu finden, als bei den anderen Altersgruppen (18 – 34 Jahre: 44 %; über 65 Jahre: 45 %). Weitere signifikante Unterschiede ließen sich bei der Lokalisation von betroffenen Hautpartien feststellen: Läsionen im Bereich des Kopfes waren bei Patienten im Alter von 18 bis 34 Jahren häufiger zu finden, als bei den älteren Patienten.
Gleichzeitig gibt es nur geringe Unterschiede in der Verschreibung von Medikamenten. Biologika werden bei jüngeren Patienten am seltensten verordnet, nur 16 % der Patienten sind der Altersgruppe 18 – 34 Jahre zugeordnet. Die meisten Biologika werden den 35 – 64-Jährigen verordnet (24 %).
Kinder und Jugendliche besonders hart betroffen
Bei fast Dreiviertel aller Patienten tritt Psoriasis erstmals im Alter von 15 bis 35 Jahren auf. Knapp 15 % aller erwachsenen Psoriasisbetroffenen haben bereits vor dem 20. Lebensjahr mit den ersten krankhaften Veränderungen der Haut zu kämpfen. Mit einer Prävalenz von 0,7 % ist die juvenile Psoriasis eine der häufigsten Dermatosen überhaupt. Die Diagnose, an Psoriasis erkrankt zu sein, betrifft Kinder und Jugendliche besonders hart. Gerade in den Sommermonaten sind Strandurlaube und Freibadbesuche für Kinder ein wahres Vergnügen. Je stärker jedoch Psoriasis und ihre Begleiterkrankungen auftreten, desto mehr schämen sich Jugendliche, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen oder unverkrampft soziale Beziehungen einzugehen. Die Folgen können psychische Belastungen, Angst und Hilflosigkeit sein – sie prägen damit junge Menschen häufig ein Leben lang. Durch die psychischen Leiden, wie mangelndes Selbstwertgefühl, wirkt sich die Krankheit auch auf den Alltag von Eltern und Geschwistern belastend aus. Doch bleibt die Psoriasistherapie bei Kindern schwieriger als bei Erwachsenen, denn Kinder sind nicht einfach kleine Erwachsene; ihre besonderen körperlichen wie geistigen Lebensumstände müssen berücksichtigt werden. Zudem sind Arzneimittel, die bei Erwachsenen zu schnellen Erfolgen führen, für Kinder zum Teil gar nicht zugelassen. Auch weisen Studien immer wieder auf die Notwendigkeit eines leitlinienorientierten Behandlungsansatzes hin. Doch es fehlt schlichtweg an evidenzbasierten Richtlinien für die Therapie der juvenilen Psoriasis, obwohl Fachkonferenzen bereits in vielen Ländern Empfehlungen dafür ausgesprochen haben. So muss gerade der Teil der Gesellschaft, der noch nicht alleine für sich sorgen kann, bei der Behandlung ihrer Erkrankung zurückstecken.
Erschwerend kommt hinzu: Wer medizinische Hilfe benötigt, bekommt diese zwar, wird jedoch nicht überall gleich behandelt. Regionale Unterschiede beeinflussen die Gesundheitsversorgung allenthalben. Eine Studie aus 2015 wies auf deutliche Unterschiede hinsichtlich der Prävalenz der juvenilen Psoriasis in den Regionen Deutschlands hin: Die höchste Prävalenzrate von 0,63 % fand sich in Sachsen-Anhalt, die niedrigste von 0,35 % in Schleswig-Holstein. Scheinbar kleine Divergenzen mit großen Auswirkungen auf jeden Psoriasisbetroffenen.
Hinsichtlich des Anteils der an der Versorgung von jungen Psoriasispatienten beteiligten Facharztgruppen konnten ebenfalls regionale Unterschiede aufgezeigt werden. Erwartungsgemäß kommt den Dermatologen mit Abstand der größte Anteil unter den einzelnen medizinischen Versorgern zu. Am häufigsten wurden dermatologische Verordnungen in Mecklenburg-Vorpommern (90 %) und Bremen (82 %) ausgestellt. Allgemeinmediziner stellten in Schleswig-Holstein (58 %) und Rheinland-Pfalz (35 %) hingegen die größte verschreibende Arztgruppe. Kinderärzte folgen in fast jeder Region ausschließlich an dritter Stelle. Topische Kortisonpräparate kommen am häufigsten zur Anwendung (70,8 %). Systemische Therapien hingegen wurden nur selten verordnet: Von insgesamt 1.331 Verordnungen stellen systemische Kortikosteroide mit 68 und Methotrexat mit 60 Verordnungen schon die Höchstwerte dar. Es zeigt sich deutlich, dass die topischen Therapien eindeutig die erste Behandlungsoption sind.
Erhöhter Verbesserungsbedarf
Die sich hieraus ergebenden Disparitäten führen unweigerlich zu dem Schluss, dass für diese spezifische Indikation vielerorts ein erhöhter Verbesserungsbedarf besteht. Hervorgehoben werden muss vor allem die Notwendigkeit nach einer leitlinienorientierten Therapie bei Kindern. Wurde für die Behandlung von Erwachsenen eine S3-Leitlinie bereits vor Jahren postuliert, so fehlt es nach wie vor an evidenzbasierten Vorgaben für die Behandlung der juvenilen Psoriasis. Beispielsweise werden systemische Kortikosteroide besonders häufig von Allgemein- und Kinderärzten verschrieben. Ein ähnlich unterschiedliches Verordnungsverhalten lässt sich auch in der Verschreibung von Vitamin-D-Derivaten erkennen. Obwohl für sie eine Therapieempfehlung für die juvenile Psoriasis besteht, werden diese in Deutschland hauptsächlich nur von Hautärzten verordnet. Die Daten aus Deutschland decken sich dabei mit Studienergebnissen aus den USA und unterstreichen die Notwendigkeit von Standards zu Therapieverhalten und Früherkennung von Begleiterkrankungen. Hautärzte, Allgemeinärzte, Kinderärzte: Sie alle sollten dabei eng zusammenarbeiten. Ihr jeweiliges ärztliches Vorgehen muss dafür nicht nur festgelegt, sondern auch koordinativ und harmonisch aufeinander abgestimmt sein. Eine wirkungsvolle Therapie kann nur erreicht werden, wenn betroffene Kinder, ihre Familien und Ärzte eng zusammenarbeiten. Dies erfordert Einsatz und Geduld in höchstem Maße – und wer selbst Kinder hat, weiß aus eigener Erfahrung, wie fordernd es schon sein kann, das Leben mit gesunden Kindern zu meistern. Aber es bleibt unerlässlich, um den bestmöglichen Therapieerfolg für die jungen Patienten zu erzielen und ihnen somit die Chance zu geben, ein Leben zu führen, wie es eigentlich sein sollte.  

Fazit

  • Zum einen sollten Hautärzte, Allgemeinärzte und Kinderärzte eng zusammenarbeiten.
  • Eine wirkungsvolle Therapie kann nur erreicht werden, wenn zum anderen betroffene Kinder, ihre Familien und Ärzte eng zusammenarbeiten.
  • Hervorgehoben werden muss vor allem die Notwendigkeit nach einer leitlinienorientierten Therapie bei Kindern.

Kontakt:

Mario Gehoff
Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie (IVDP)
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
m.gehoff@uke.de