Spezial: Ulcus-cruris-Behandlung

Mit kleinen Maßnahmen viel bewirken

Über die Wundbehandlung des chronisch rezidivierenden Ulcus cruris venosum in der haus- und hautärztlichen Praxis berichtet Dr. med. Mithat Bayindir, Arzt für Phlebologie, Rosenpark Klinik, Darmstadt.

Dr. med.  Mithat Bayindir (Foto: privat)
Dr. med. Mithat Bayindir (Foto: privat)

Mit ca. 70 % ist das Ulcus cruris venosum ursächlich an den Unterschenkelgeschwüren und somit nicht selten im hautärzlichen Praxisalltag präsent. Meist sind es ältere Patienten, die bereits seit vielen Jahren diesbezüglich behandelt werden. Eine Abheilung der Ulcera ist möglich, jedoch kommt es oft zu Rezidiven, da häuslich keine optimale Wundpflege bzw. suffiziente Kompressionstherapie gewährleistet ist. Wegen der hohen Rezidivzahlen versuchen nicht wenige Patienten eine laienhafte Lokaltherapie mit diversen Externa, die Kontaktsensibilisierungen verursachen und dadurch die Therapieoptionen für die Ärzte einschränken. Ferner haben ⅔ der Patienten starke Schmerzen im Bereich der Ulceration, sodass die Bewegung im Fußgelenk möglichst vermieden wird. Die dadurch allmählich entstehende Arthrose im Sprunggelenk führt zu dem sog. arthogenen Stauungssyndrom, da die Wadenmuskelpumpe ausfällt.
Deshalb ist unbedingt eine frühzeitige Diagnostik zur Klärung hämodynamisch relevanter Varizeninsuffizienzen, der Ausschluss einer relevanten pAVK, eine suffiziente Schmerztherapie und eine Epikutantestung zu empfehlen.


Ambulante Therpiemöglichkeiten in der Praxis


Bei einer Varikose ist die Verordnung eines medizinischen Kompressionsstrumpfes zwingend erforderlich. Ältere Patienten können jedoch meist aufgrund ihrer eingeschränkten Beweglichkeit, einer Polyarthrose und einer Kraftminderung die verordneten Kompressionsstrümpfe nicht konsequent tragen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, den Pflegedienst zu informieren bzw. zu sensibilisieren.
Nach dem Motto „viel hilft viel“ zeigt sich bei vielen Patienten eine dicke Pomadenkruste rund um die Ulcerationen auf, die zu einer Verzögerung der Wundheilung führt. Die Schaffung optimaler Wundverhältnisse ist zwingend erforderlich, weshalb in diesen Fällen ein ambulantes Wunddebridement durchgeführt werden sollte. Hierzu empfiehlt sich das Auftragen eines Lokalanästhetikums unter Folienokklusion für mindestens eine Stunde sowie die orale Applikation eines potenten Analgetikums ca. 30 min vor dem Wunddebridement. Mittels eines scharfen Löffels oder einer Ringkürette können die Krusten abgetragen und mit einem Skalpell die avitalen Gewebeanteile entfernt und die Wundränder skarifiziert werden. Idealerweise entstehen dadurch kleine Einblutungen, die die Wundheilung anstoßen. Eine anschließende Wundversorgung mit einer Kombination aus einem stark absorbierenden Hydrokolloidverband und einem Pütterverband mit zwei bis dreitägigem Wechsel sorgt für ein optimales Milieu für die Wundheilung. Zudem sollten die Patienten angehalten werden, sich täglich regelmäßig zu bewegen und bei Gelegenheit die Beine ca. 20 cm über dem Körperniveau mehrmals täglich für 15 – 20min hochzulegen.
Bei Vorliegen einer hämodynamisch relevanten Varikosis kann durch eine (Schaum-)Sklerosierung der starken Astvarizen mittels Äthoxysklerol eine rasche Abheilung der Ulceration erreicht werden. Hier besteht die Gefahr der Entwicklung einer ausgeprägten Hämosiderose, die seitens der älteren Patienten jedoch gut toleriert wird. Oft zeigen sich auch stark insuffiziente Perforansvenen am Unterschenkel, deren perkutane Ligatur in Lokalanästhesie zu einer raschen Abheilung der Ulcerationen führen kann. Ist eine starke Stammvarikosis ursächlich für die Ulcerationen, kann eine ambulante endoluminale Therapie mittels Laser- oder Radiowellensonden durchgeführt werden. Aufgrund der starken Schmerzen im Bereich der Ulcerationen vermeiden viele Patienten die Bewegung im Fußgelenk. Dies führt allmählich zu einer Arthrose mit der Folge eines arthrogenen Stauungssyndroms. Durch eine ggf. interdisziplinäre Schmerztherapie können die Schmerzen so weit reduziert werden, dass eine Bewegung im Fußgelenk wieder schmerzfrei möglich ist.
Viele ältere Patienten sitzen entweder im Rollstuhl oder an der Bettkante und lassen die Beine hängen. Dadurch kommt es zu einer Progredienz der Unterschenkelödeme. Eine Venenwippe (Venentrainer), die die Patienten auch sitzend im Rollstuhl benutzen können, hält die Fußgelenke in Bewegung, trainiert die Wadenmuskulatur und unterstützt den venösen Abstrom.
Fazit: Bereits durch relativ kleine Maßnahmen kann in der haus- und hautärztlichen Praxis eine dauerhafte Therapie mit positivem Ausgang jahrelang existierender, chronisch venöser Ulcerationen erreicht werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Chronisch venöse Insuffizienz Stadium II mit starker Varikosis und Hämosiderose

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rückzug der Sonde nach Elves-OP mit minimalinvasivem Ein-/Ausgang.

(Fotos: Bayindir)