Spezial: Laser, IPL & Co. – Anwendungen außerhalb der Medizin
Warum eine kosmetische Behandlung mit starken optischen Strahlenquellen nicht ohne Beurteilung der Haut durch einen Dermatologen oder eine Dermatologin erfolgen sollte, erläutert Dr. Monika Asmuß vom Bundesamt für Strahlenschutz, Berlin.
Epilation, Entfernung von Tätowierungen, „Anti-Aging“, Aknetherapie, Low-level-Laser-Anwendungen zur „Biostimulation“ und vieles mehr: Zunehmend werden künstliche Quellen optischer Strahlung wie Laser, intensive gepulste Lichtquellen (IPL) oder Leuchtdioden (LED) nicht nur zu medizinischen Zwecken von Ärzten, sondern auch zu kosmetischen Zwecken bzw. im Grenzgebiet zwischen Medizin und Kosmetik von Personen ohne definierte Fach- und Sachkenntnisse oder sogar als Geräte zur Heimanwendung durch Laien eingesetzt. Bei den Indikationen liegt gemäß einer Erhebung von Hammes et al. (2013) die Epilation mit 74,4 Prozent deutlich an der Spitze vor der Entfernung von Tattoos (16,3 %), Entfernung von Altersflecken (4,6 %), Entfernung von Besenreisern (2,3 %), Falten/Hautverjüngung (2,3 %) und Erythrosis interfollicularis colli ebenfalls mit 2,3 Prozent.
Gerade bei den häufigsten Indikationen wie Epilation und Tattoo-Entfernung kommen starke Laser zum Einsatz
Gerade bei den häufigsten Indikationen wie Epilation und Tattoo-Entfernung kommen starke Laser der Klassen 3B und 4 oder inkohärente Strahlenquellen mit vergleichbarer biologischer Wirkung zum
Einsatz. Um die bei der Epilation und der Entfernung von Tattoos gewünschten Effekte zu erreichen, müssen Expositionsgrenzwerte, wie sie in der Richtlinie 2006/25/EG (Schutz von Sicherheit und
Gesundheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch physikalische Einwirkungen [künstliche optische Strahlung]) – basierend auf Grenzwertempfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor
Nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) – festgelegt sind, überschritten werden. Daher bestehen bei diesen Anwendungen Risiken für die Haut und die Augen. Zu den schwereren Nebenwirkungen an der
Haut gehören Verbrennungen, Narbenbildung, permanente Hypo- und Hyperpigmentierungen und die Bildung von Keloiden. Derartige, auf Behandlungsfehlern basierende Fälle beschreiben zum Beispiel
Greve und Raulin, 2002, Hammes et al. 2013 sowie Hammes und Kimmig 2013.
Pigmentverschiebungen, Narbenbildungen und Texturveränderungen häufigste Behandlungsfehler
Hammes et al. (2013) benennen bei einer Untersuchung von Behandlungsfehlern durch medizinische Laien vor allem Pigmentverschiebungen, Narbenbildungen und Texturveränderungen. Hauptfehlerquellen
waren die Anwendung zu hoher Energiedichte, die Verwendung von für die Indikation nicht geeigneten Geräten, die Behandlung stark gebräunter Personen und fehlende Kühlung. Systematisch erfasst
werden Komplikationen und Nebenwirkungen für den Bereich der kosmetischen Anwendungen derzeit nicht. Das Bundesamt für Strahlenschutz hat im aktuellen Ressortforschungsplan 2016 eine
repräsentative Umfrage bei Nutzerinnen und Nutzern in Auftrag gegeben.
Ohne vorherige fachärztliche Begutachtung besonders kritisch
Besonders kritisch zu sehen sind Behandlungen pigmentierter Hautveränderungen ohne vorherige fachärztliche Begutachtung. Durch die „Anbehandlung“ mit Lasern oder IPL-Geräten können prämaligne
oder maligne Veränderungen oberflächlich so verändert werden, dass Untersuchungen nicht mehr aussagekräftig sind. Diagnose und Therapie einer vorliegenden Hautkrebserkrankung können dadurch
verzögert oder gar verhindert werden. Bereits in ihrer Stellungnahme von 2000 sah die Strahlenschutzkommission daher in der unvollständigen Zerstörung bösartiger Pigmentmale (malignes Melanom)
nach laienhafter Anbehandlung mit Lasern insbesondere der Klassen 3B und 4 ohne vorherige Diagnostik ein unakzeptables Risiko (SSK 2000). IPL-Systeme wurden in dieser Stellungnahme noch nicht
betrachtet, die Problematik ist aber dieselbe. Derzeit wird eine aktualisierte Stellungnahme der SSK erarbeitet.
Zudem sollten kosmetische Behandlungen nicht dazu führen, dass Grunderkrankungen übersehen werden. Einer übermäßigen oder atypischen Behaarung bei Frauen können unter Umständen endokrinologische
Ursachen zugrunde liegen. Eine Epilation würde in einem solchen Fall ein wichtiges Symptom beseitigen und die Diagnose der zugrundeliegenden Erkrankung erschweren oder verhindern.
Immer auch das Risiko von Augenschäden berücksichtigen
Neben den möglichen Schäden an der Haut muss bei der Verwendung optischer Strahlung immer auch das Risiko für Augenschäden berücksichtigt werden, zumal bei den hier genannten Anwendungen mit
Wellenlängen im sichtbaren Bereich des optischen Spektrums oder im nahen Infrarot gearbeitet wird, die die Netzhaut des Auges erreichen und thermisch schädigen können. Auch die Iris enthält
Farbmoleküle und kann die Strahlung absorbieren. Generell gilt: Augenschutz ist notwendig.
Hersteller bestimmen medizinischen oder rein kosmetischen Zweck
Es können dieselben Geräte mit derselben Leistungsfähigkeit und demselben Risiko für Nebenwirkungen zu medizinischen und/oder kosmetischen Zwecken eingesetzt werden. Ob ein Gerät als
Medizinprodukt angemeldet wird, entscheidet der Hersteller. Medizinprodukte unterliegen dem Medizinproduktegesetz (MPG). Das MPG regelt in Verbindung mit der Medizinprodukte-Betreiberverordnung
(MPBetreibV) unter anderem die Anforderungen an Medizinprodukte sowie an das Errichten, Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten. Geräte, die vom Hersteller nicht als Medizinprodukt, sondern
als Verbraucherprodukt angemeldet werden, unterliegen dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG).
Anwendung der Geräte im Kosmetikbereich ist nicht auf Personen mit medizinischer Ausbildung beschränkt
Die Anwendung der Geräte im Kosmetikbereich ist nicht auf Personen mit medizinischer Ausbildung beschränkt. Auch eine ärztliche Aufsicht über die Behandlung ist derzeit nicht vorgeschrieben. Für
den Betrieb der Geräte zum Beispiel in Kosmetikstudios oder bei medizinischen Behandlungen ist bei Lasern der Klassen 3R, 3B und 4 ein sachkundiger Laserschutzbeauftragter in Medizin und Technik
vorgeschrieben. Zur Durchführung einer Laser-Behandlung am Menschen reicht ein solcher, in erster Linie auf Arbeitsschutzaspekte ausgerichteter Kurs jedoch keinesfalls aus. Die Frage, welche
Anforderungen im Hinblick auf Fach- und Sachkunde professioneller Anwenderinnen und Anwender notwendig sind, ist – auch vor dem Hintergrund möglicher Verordnungen auf Basis des Gesetzes zum
Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NiSG) – Gegenstand der Diskussion.
Theoretische und praktische Kenntnisse und Erfahrungen erforderlich
Aus Sicht des Strahlenschutzes besteht hier eindeutig Regelungsbedarf. Personen, die leistungsstarke optische Strahlenquellen am Menschen einsetzen, benötigen solide Fach- und Sachkenntnisse.
Erforderlich sind theoretische und praktische Kenntnisse und Erfahrung bei der Beurteilung der Haut – insbesondere im Hinblick auf für die jeweilige Behandlung relevante individuelle Parameter
und mögliche Kontraindikationen. Notwendig sind zudem anwendungs- und gerätespezifische Erfahrung im Umgang mit Lasern, IPL-Systemen und anderen optischen Strahlenquellen, Kenntnisse über die
zugrundeliegende Technik sowie über die Wirkungen der applizierten optischen Strahlung und die damit verbundenen Risiken. Auch Gerätedefekte und Fehleinstellungen müssen vom Anwender erkannt
werden.
Leichte Beschaffbarkeit im Internet mit Besorgnis betrachtet
In diesem Zusammenhang wird die leichte Beschaffbarkeit von vergleichsweise preisgünstigen Lasern und IPL-Systemen unklarer Herkunft aus dem Internet mit Besorgnis gesehen. In diesen Fällen ist
es zumindest fraglich, ob die Qualität der Geräte den Anforderungen genügt, eine adäquate Einweisung der Anwender erfolgt und die notwendige Wartung der Geräte durchgeführt wird.
Unbedingt erforderlich ist aus Sicht des Strahlenschutzes eine umfassende Beratung der Kundinnen und Kunden über die Behandlung und mögliche Risiken. Zudem sollten die Behandlung und ggf.
auftretende Nebenwirkungen systematisch dokumentiert werden.
Auch bei geringerer Leistung Risiko für Haut- und Augenschäden
Legt man die Werbung im Internet zugrunde, sprechen viele Hersteller nicht nur professionelle Anwender an. Einfache Handhabung, freundliche Farbe – interessierte Kundinnen und Kunden können zu
moderaten Preisen Geräte für die unterschiedlichsten Anwendungen wie Hautverjüngung oder häusliche Aknebehandlung erwerben. Speziell zur Epilation steht eine Vielzahl von Heimgeräten zur
Verfügung. In der Regel ist ihre Leistung deutlich geringer als diejenige von Profigeräten. Dennoch besteht auch hier das Risiko für Schäden an der Haut und den Augen. Häufig handelt es sich um
IPL-Systeme, es können jedoch auch Laser der Klassen 3B und 4 verbaut sein.
Geräte- und Nutzerinformationen werden häufig ignoriert
Zur Vermeidung von Augenschäden sollen Kontaktsensoren gewährleisten, dass keine Strahlung mehr austritt, sobald der Kontakt des Behandlungskopfes mit der Haut verloren geht, beziehungsweise
sicherstellen, dass die austretende Reststrahlung so gering ist, dass keine Augenschäden verursacht werden können. Wirkungen auf die Haut bleiben davon natürlich unberührt. Meist sichern sich die
Hersteller durch umfangreiche Geräte- und Nutzerinformationen ab. Die Frage, ob diese Informationen von den Nutzerinnen und Nutzern tatsächlich gelesen und verstanden werden, muss allerdings
offenbleiben.
Sicherheitsanforderungen für diese Art von Geräten erst seit April 2016
Seit April 2016 definiert die internationale Norm IEC 60335-2-113:2016-04 (Household and similar electrical appliances – Safety – Part 2-11113: Particular requirements for cosmetic and beauty
care appliances incorporating lasers and intense light sources) Sicherheitsanforderungen für diese Art von Geräten. Aus Sicht des Strahlenschutzes sind in der Norm jedoch einige Punkte nicht
befriedigend gelöst, insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Augen bei den für diese Geräte typischen sehr kurzen Pulsen.
Strahlenschutz kritisiert Klassenbezeichnung „1C“
Zudem ist mit dieser Norm der Weg frei für eine neue Laserklasse „1C“. So gekennzeichnete Geräte können Laser bis zur höchsten Klasse 4 enthalten, sofern durch konstruktive Maßnahmen wie den
Kontaktsensor während des Betriebs eine Augengefährdung verhindert wird. Seitens des Strahlenschutzes wird diese Klassenbezeichnung kritisiert, weil damit den Nutzerinnen und Nutzern eine
Harmlosigkeit der Geräte suggeriert wird, die zu Fehleinschätzungen und unangemessener „Lässigkeit“ im Umgang mit ihnen führen könnte.
Derzeit liegt es in der Hand der Verbraucherinnen und Verbraucher, sich vor der Behandlung über die fachliche Qualifikation und Erfahrung der professionellen Anwenderinnen und Anwender, Wirkungen
sowie mögliche Nebenwirkungen und Risiken zu informieren. Im Hinblick auf die erforderliche Fach- und Sachkunde bei Anwenderinnen und Anwendern besteht aus Sicht des Strahlenschutzes
Regelungsbedarf. Generell sollte eine kosmetische Behandlung mit starken optischen Strahlenquellen nicht ohne Beurteilung der Haut durch einen Dermatologen oder eine Dermatologin erfolgen.