Wundheilung
Umfangreiche Daten aus dem Elektronenmikroskop geben erstmals faszinierende Einblicke in die Fusion von Hautzellen nach einer Verletzung. Die Zellen verhalten sich dabei wie ein molekularer
Reißverschluss.
Wie Hautzellen offene Stellen in der Haut verschließen, war über viele Jahre nicht bekannt. Wissenschaftler der Goethe Universität Frankfurt haben nun zusammen mit Kollegen des European Molecular
Biology Laboratory (EMBL) und der Universität Zürich die Fusion der Hautzellen auf molekularer Ebene untersucht: Die Zellen verhalten sich dabei wie ein molekularer Reißverschluss. Um zu
erforschen, wie der Hautverschluss genau vor sich geht, verwendeten die Wissenschaftler eines der besten Elektronenmikroskope. „Mit unserem Elektronenmikroskop können wir die molekularen
Komponenten in der Zelle sehen. Sie arbeiten wie kleine Maschinen daran, die Haut zu verschließen. Aus einem Abstand betrachtet sieht es aus, als ob die Hautzellen einfach miteinander
verschmelzen; wenn wir aber hineinzoomen, wird deutlich, dass Zellmembranen, molekulare Maschinen und andere zelluläre Komponenten beteiligt sind”, erklärt Mikhail Eltsov von der
Goethe-Universität.
Aufsicht auf 17 Hautzellen, die gerade eine Hautöffnung verschließen. Die Membranen sind in Schattierungen von braun und grün dargestellt, damit einzelne Zellen
sichtbar werden. Die Hautzellen entwickeln eine unglaubliche Flexibilität ihrer Membran, um den gegenüberliegenden Nachbarn zu finden.
Enorme Anzahl von Daten aufgenommen
„Man benötigt ein sehr hoch aufgelöstes Bild des Vorgangs, um dieses Heilungsorchester sichtbar zu machen. Wir haben zu diesem Zweck eine enorme Anzahl von Daten aufgenommen, weit mehr, als bei
allen bisherigen Studien”, so Eltsov.
Als Erstes beobachteten die Forscher, dass Zellen ihre gegenüber liegenden Nachbarn aufspüren.
Haben sie ihn gefunden, entwickeln sie als Nächstes einen molekularen Klettverschluss (eine Adhäsionsverbindung), die sie fest mit dem Gegenüber verbindet. Die neue und unerwartete Entdeckung
dieser Studie war, dass kleine Proteinröhrchen in der Zelle, die Mikrotubuli, sich an den molekularen Klettverschluss heften und anschließend selbst auflösen.
Das führt dazu, dass sich die gesamte Haut zum Wundbereich hin zieht und sich über die offene Hautstelle ausbreitet wie eine Decke.
Zur großen Überraschung der Wissenschaftler bilden Mikrotubuli, die an der Zellteilung beteiligt sind, das Hauptgerüst für das „zipping”. Das deutet darauf hin, dass es sich um einen von der
Evolution konservierten Mechanismus handelt.
„Sehr erstaunlich war auch die enorme Plastizität der Membranen bei diesem Vorgang, die zur schnellen Heilung der Hautöffnung beitrug. Wenn fünf bis zehn Zellen ihren entsprechenden Nachbarn
gefunden haben, sieht die Wunde bereits verschlossen aus”, sagt Achilleas Frangakis von der Goethe Universität Frankfurt, der wissenschaftliche Leiter der Studie.
Die Wissenschaftler hoffen, dass diese Studie neue Wege für das Verständnis der epithelialen Plastizität eröffnen wird.Für sie ist es auch von Interesse, die strukturelle Organisation der
Adhäsionsverbindungen zu verstehen.
Dafür erhielten sie bereits einen ERC starting grant des Europäischen Forschungsrats.
Publikation:
Eltsov, Dubé, Yu, Pasakarnis, Haselmann-Weiss, Brunner und Frangakis: Quantitative analysis of cytoskeletal reorganisation during epithelial tissue sealing by large-volume electron
tomography, in: Nature Cell Biology DOI 10.1038/ncb3159