10. Krefelder Hautschutztag

Prävention gewinnt an Bedeutung

Beim 10. Krefelder Hautschutztag Anfang Mai 2015 ging es um nationale und
internationale Präventionsmaßnahmen in Bezug auf häufig vorkommende beruflich bedingte Hauterkrankungen.

Neben chronischem Handekzem stand auch die seit Januar 2015 neu eingeführte Berufskrankheit „Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung“ im Fokus der Tagung, ebenso wie das Thema Händehygiene in Zeiten multiresistenter Erreger.
Steffen Röddecke, der Präsident des Landesinstitutes für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (LIA.nrw) erläuterte die Frage, welche Arbeitsbedingungen Voraussetzung für einen gesunden Arbeitsplatz sind. Hier sei viel Neuorientierung angezeigt, denn die Strukturen am Arbeitsplatz haben sich verändert. „Die klassische Unfallverhütung war gestern, heute ist ein moderner Arbeits- und Gesundheitsschutz gefragt, der flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Globalisierung sowie die Veränderung der Belastungsspektren berücksichtigt“, so Röddecke.
Das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung NRW berät und unterstützt die Landesregierung sowie die Arbeitsschutzverwaltung NRW, analysiert die Gesundheitssituationen in der Arbeitswelt, entwickelt Modellprojekte für den betrieblichen Gesundheitsschutz und  engagiert sich für den Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis. Weitere Infos unter www.lia.nrw.de

„Eine ausreichend intensive berufliche UV-Exposition ist gegeben, wenn durch die berufliche Tätigkeit eine mindestens 40-prozentige zusätzliche UV-Belastung vorliegt.“
„Eine ausreichend intensive berufliche UV-Exposition ist gegeben, wenn durch die berufliche Tätigkeit eine mindestens 40-prozentige zusätzliche UV-Belastung vorliegt.“

Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung – die neue Berufskrankheit


Seit 1. Januar 2015 wurden „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ als Berufskrankheit (BK 5103) definiert. „Doch es war ein langer Weg, bis es dazu kam“, erläuterte Prof. Dr. med. Thomas L. Diepgen, Heidelberg. Angestoßen wurde die Maßnahme durch eine erste Publikation (Drexler & Diepgen: Lichtinduzierter Hautkrebs als Berufskrankheit? Zbl Arbeitsmed 50: 374-378 [2000]), gefolgt von wichtigen Meilensteinen wie ein systemisches Review mit Metaanalyse. Hier konnten die Experten zeigen, dass langjähriges Arbeiten im Freien mit einem signifikant erhöhten Risiko für hellen Hautkrebs assoziiert ist.
Für die Anerkennung einer durch UV-Strahlen verursachten Hautkrebserkrankung als Berufserkrankung müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

  • Zweifelsfreie Sicherung der Diagnose
  • Lokalisation der Hautveränderungen an beruflich exponierten Körperstellen
  • Ausreichend intensive berufliche UV-Exposition

„Eine ausreichend intensive berufliche UV-Exposition ist gegeben, wenn durch die berufliche Tätigkeit eine mindestens 40-prozentige zusätzliche UV-Belastung vorliegt“, so der Experte. Eine solche Exposition könne dann zu einer Verdopplung des Hautkrebsrisikos führen.
„2,5 bis 3 Millionen Menschen arbeiten im Freien – für diese Personen gab es bislang kaum Prävention. Durch die neue Berufskrankheit wird das nun zur Pflichtaufgabe an den entsprechenden Arbeitsplätzen führen“, erklärt Diepgen. Vor allem müsste das Sonnenschutz- und Präventionsverhalten von Beschäftigten in Außenberufen verbessert werden. Denn: „Durch geeignete Maßnahmen der sekundären Prävention und durch konsequente Therapie kann das Fortschreiten der Hautkrebserkrankung in den meisten Fällen verhindert werden.“ Wichtig zu wissen ist: Diagnosen, die vor dem 01. 01. 2015 gestellt wurden, können rückwirkend als Berufskrankheit gemeldet werden, wenn die entsprechenden Vorgaben erfüllt sind. Dies ist entscheidend für Rentenzahlungen oder die Erstattung entsprechender therapeutischer Verfahren.


Internationales Netz zur Prävention von Hauterkrankungen


Prof. Dr. med. Thomas Rustemeyer, VU Universität Amsterdam, beschrieb, wie unterschiedlich die Europäischen Länder über Prävention und Therapie denken. So gebe es sehr verschiedene Gesundheitssysteme bezüglich der Registrierung, Therapie und Prävention von berufsgebundenen Hauterkrankungen. Während Deutschland und Skandinavien sehr gut strukturiert seien, hätten viele Länder diesbezüglich noch Nachholbedarf. „Es gibt beispielsweise keine vergleichbaren Registrierungssysteme, in den Balkanländern gibt es gar keine Registrierung“, so Rustemeyer. Dabei sei die frühzeitige Meldung von berufsbedingten Erkrankungen doch so wichtig, um Präventionsmaßnahmen zu entwickeln und die Ursachen einzudämmen. Deshalb wurde 2014 ein europäisches Forschungsprojekt unter Leitung des Dermatologen apl. Prof. Dr. med. Swen Malte John, Osnabrück, entwickelt. Ziel dabei ist, europäische Standards für die Prävention und Bekämpfung berufsbedingter Hautkrankheiten zu verabschieden und umzusetzen. Das Forschungsprojekt „Development and Implementation of European Standards on Prevention of Occupational Skin Diseases“ (StanDerm) ist Teil des europäischen Rahmenprogramms für wissenschaftliche Zusammenarbeit „COST“ (European Cooperation in Science and Technology). Die Europäische Union fördert das Projekt mit circa 700.000 Euro für vier Jahre aus Mitteln des „Horizont 2020 Forschungsfonds“.


Händehygiene in Zeiten multiresistenter Erreger


Es war kein Zufall, dass der Krefelder Hautschutztag am 5. Mai 2015 begann. Denn das war der Welthändehygienetag, der Fachpersonal, aber auch Verbraucher auf die Wichtigkeit der Händehygiene aufmerksam machen möchte. „Das Datum 5. 5. symbolisiert die zweimal fünf Finger des Menschen“, erläuterte Dr. med. Christiane Reichardt, Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Berlin.
„Händehygiene ist ein wichtiger Schutz vor Infektionen. Regelmäßiges Händewaschen gilt als eine der entscheidenden Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionskrankheiten.“ So habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Kampagne „Clean Care is Safer Care“ zur Verbesserung der Händehygiene und vor allem zur Vermeidung von nosokomialen Infektionen entwickelt. Bis zum September 2008 hatten sich weltweit bereits 114 Länder schriftlich zur Umsetzung verpflichtet.
In Deutschland wird dementsprechend seit dem 1. Januar 2008 die „Aktion saubere Hände (ASH)“ unter der Schirmherrschaft des  Bundesgesundheitsministeriums durchgeführt. Die Arbeit der „Aktion saubere Hände“ konzentriert sich auf Präventionsstrategien, Fortbildungen für medizinisches Personal bis hin zur gezielten Installation von Händedesinfektionsmittelspendern. Für die Umsetzung dieser Maßnahmen erhalten teilnehmende Gesundheitseinrichtungen ein Zertifikat, wenn die Compliance der Mitarbeiter entsprechend ist. „Es gibt zwei Messsysteme, die uns hier unterstützen. Zum einen können wir den Händedesinfektionsmittelverbrauch messen, zum anderen setzen wir auf Compliancebeobachtung“, so Reichardt. Unter Compliancebeobachtung ist die Überwachung der Umsetzung durch Vorgesetzte oder Kollegen gemeint. So hätte man festgestellt, dass wenn andere Mitarbeiter in unmittelbarer Nähe sind, die Compliance für Händedesinfektion steigt.
Einzelne Bereiche erreichen im Rahmen der medizinischen Versorgung eine Händedesinfektions-Compliance von 80 Prozent und darüber. Die Forderung nach einer 100-prozentigen Compliance scheine aber nicht umsetzbar im Praxisalltag.
So gebe es Hinweise, dass ein Mitarbeiter in einer Schicht je nach Art der Abteilung circa zwischen 50 und 100 Händedesinfektionen und mehr leisten müsste. Ist das zumutbar? Wichtig sei deshalb die Schulung, wann desinfiziert werden muss und warum Desinfektion schonender und besser wirksam als waschen ist. Die Indikationen für eine Händedesinfektion korrespondieren mit klar definierten Situationen aus dem Alltag der Patientenversorgung. Aufgrund der Menge an möglichen Situationen wurde von der WHO ein Modell geschaffen, das jedem Mitarbeiter bekannt sein muss.           pb/ve