Allergologie im Kloster

 

Differenzierung zwischen AR und NAR entscheidend

Ein Schwerpunktthema der Tagung „Allergologie im Kloster“ in Eltville am 24. Mai 2014 wird das Update zur Behandlung der „Lokalen allergischen Rhinitis“ von Prof. Dr. med. Ludger Klimek sein. DERMAforum bringt die Vorveröffentlichung:

 

Foto: privat
Prof. Dr. med. Ludger Klimek

Die (ausschließlich) lokale IgE-Produktion bedingt eine Sonderform der allergischen Rhinitis (AR), die lokale allergische Rhinitis (LAR), welche durch eine Produktion spezifischer Immunglobuline vom Typ E (sIgE) direkt in der Nasenschleimhaut gekennzeichnet ist, ohne dass IgE mit den üblichen Allergie-Testverfahren im Serum oder in zellgebunden in Hauttestungen nachweisbar wären. Betroffen sind sowohl Patienten mit saisonalen, intermittierenden Symptomen wie auch mit perennialen, persistierenden Beschwerden. Bei diesen Patienten wurde daher häufig in der Vergangenheit die Diagnose einer nichtallergischen Rhinitis gestellt.

Die Evidenz für diese Entität wird durch klinische Symptome, lokalen Nachweis von sIgE, Nachweis von Zellprodukten von T-Helferzellen vom Typ 2 und von Tryptase und ECP (eosinophil catonic protein) im Nasensekret nach Allergenexposition beschrieben. Eine positive nasale Allergen-Provokationstestung ist häufig wegweisend.

Diagnostisch sollte daher nach üblicher Anamnese, Hauttest und und in-vitro Diagnostik aus dem Serum bei passender Anamnese im nächsten Schritt die Quantifizierung des nasalen spezifischen IgEs erfolgen und es sollten nasale Provokationstests mit in Frage kommenden Allergenen durchgeführt werden. Wichtig ist offensichtlich, dass die Diagnostik während oder relativ zeitnah nach Allergenkontakt erfolgt. Es konnte gezeigt werden, dass einige Patienten mit zuvor nicht-nachweisbarer Allergie (nichtallergische Rhinitis) im zeitlichen Verlauf sowohl eine AR als auch eine LAR entwickeln können und dass LAR Patienten im natürlichen Krankheitsverlauf eine AR entwickeln.

Therapeutische stehen bei der LAR alle Medikamentengruppen zur Verfügung, die auch bei der AR als wirksam beschrieben wurden. Ob diese Patienten von einer spezifischen Immuntherapie profitieren, wird derzeit evaluiert.

 

Häufigste Immunkrankheit und eine der häufigsten chronischen Erkrankungen

 

Die allergische Rhinitis (AR) ist mit einer Lebenszeitprävalenz von ca. 20 bis 40% die häufigste Immunkrankheit und eine der häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Die AR hat Auswirkungen auf das Sozialleben, die berufliche Leistungsfähigkeit und z.T. auch auf die geistige und körperliche Entwicklung der Patienten. Sie wird zudem durch eine hohe Komorbidität gekennzeichnet, die sich als Konjunktivitis, Asthma, Nahrungsmittelallergie, atopische Dermatitis, Sinusitis u.a. äußern kann. So ist etwa das Risiko, unter einem Asthma zu leiden, bei Kindern mit allergischer Rhinitis rund viermal höher als bei Gleichaltrigen. Die Rhinitis wurde traditionell als allergische Rhinitis (AR) oder nichtallergische Rhinitis (NAR) klassifiziert. Die Diagnose der allergischen Rhinitis basiert auf einer entsprechenden Anamnese, der klinischen Manifestation und wird durch einen positiven Hauttest (Prick- / Intrakutantest) und durch den Nachweis von spezifischen Immunglobulinen vom Typ E (IgE) im Serum gestützt.

Wurde hingegen in Hauttests und bei der in-vitro Diagnostik im Serum kein Hinweis auf eine IgE-vermittelte Erkrankung gefunden, wurde bislang die Diagnose einer nichtallergischen Rhinitis gestellt. Bei der nichtallergischen Rhinitis handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von Erkrankungen, die weiter in verschiedene Phänotypen unterteilt werden können. Wird keine Ursache der NAR gefunden, wird die Erkrankung als idiopathische Rhinitis (IR) bezeichnet. Zur Entwicklung eines ursachenbezogenen Therapiekonzepts ist die Differenzierung zwischen AR und NAR entscheidend.

 

Therapie hängt vom jeweiligen Phänotyp ab

 

Für die Behandlung der AR ist die Karenz der entsprechenden aerogenen Allergene von großer Bedeutung sowie die allergenspezifische Immuntherapie neben einer pharmakologischen Therapie mit topischen und/oder oralen Antihistaminika und intranasalen Glucokorticoiden.

Die Therapie der NAR hängt von dem jeweiligen Phänotyp ab, wobei sich bei Patienten mit einem durch Inflammation geprägten Phänotyp die Gabe von intranasalen Glucocorticoiden als besonders wirksam erwiesen hat; wohingegen bei einem nichtinflammatorischen Phänotyp (z.B. neurogen) andere Therapieoptionen bestehen, u.a. wurde über gute Erfolge einer Therapie mit Capsaicin berichtet.

In den letzten Jahren konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass es zahlreiche Patienten gibt, bei denen zuvor eine NAR oder eine idiopathische Rhinitis (IR) diagnostiziert wurde, im weiteren Verlauf bei nachfolgenden Untersuchungen jedoch eine lokale allergische Rhinitis (LAR) oder eine systemische allergische Rhinitis gefunden werden konnte.

 

Zum besseren Verständnis der Pathophysiologie und der klinischen Charakteristika der lokalen allergischen Rhinitis sowie ihre Abgrenzung zur nichtallergischen Rhinitis werden im Folgenden aktuelle Erkenntnisse zu diesem Thema analysiert und zusammenfassend dargestellt.

 

Lokale Allergie-Mechanismen bei Patienten mit allergischer Rhinitis

 

Eine IgE vermittelte Reaktion assoziiert mit Th2 Zellen, Basophilen, Langerhanszellen, Eosinophilen und Mastzellen kann in der nasalen Mucosa von Patienten mit AR regelmässig beobachtet werden. Die Mukosa stellt eine der ersten Kontaktstellen zwischen Allergenen und dem Immunsystem des Organismus dar. Die inhalierten Aeroallergene treffen zunächst auf die nasale Mukosa, wo sie von antigenpräsentierenden Zellen (APCs) prozessiert und den T-Zellen präsentiert werden. Dies induziert die IgE-Produktion über den B-Zell Isotyp-Switch. Die dendritischen Zellen sind professionelle APCs, die abundant in der Mukosa des oberen und unteren Respirationstrakts bei Patienten mit AR und NAR vorkommen.

In den 1970er Jahren haben verschiedene Autoren sIgE Antikörper im nasalen Sekret von AR Patienten nachweisen können. Platt-Mills konnte erhöhte, gräserspezifische sIgE-, IgG- und IgA-Antikörperspiegel im nasalen Sekret, nicht jedoch im Speichel detektieren. Diese frühen Ergebnisse ließen bereits vermuten, dass lokale allergische Reaktionen der Mukosa bei AR Patienten auftreten. T-Lymphozyten spielen bei der IgE vermittelten Immunreaktion eine wichtige Rolle. Als einzige Zellen sind sie in der Lage, Antigene nach der Prozessierung durch die APCs zu erkennen. Die Sekretion ihrer Mediatoren Interleukin 4 (IL-4), IL-3 und CD40L induziert eine selektive Rekombination der schweren Immunglobulin Ketten der B-Zellen, bevor diese zu Plasmazellen reifen. Mastzellen sind wichtige Effektorzellen in der allergischen Akutphasen-Reaktion, die auch zur Aufrechterhaltung der IgE Produktion beitragen. Die Mastzellen der nasalen Mukosa von Patienten mit AR sezernieren große Mengen IL-4 und IL-13 und induzieren somit höhere IgE Level als T-Zellen. Die von Plasmazellen synthetisierten IgE Antikörper auf Aeroallergene können lokal in der Nasenschleimhaut auf Mastzellen gebunden werden. Einige Autoren haben über eine Expression von E Keimbahn Transkripten und mRNA für die schwere E Kette von IgE in der nasalen und bronchialen Mukosa berichtet. Die IgE-Produktion in der nasalen Mukosa wurde bei Patienten mit AR in vivo und in vitro bestimmt.

 

 

Spezifisches IgE im Nasensekret bei (ausschließlich) lokaler IgE-Produktion: die lokale allergische Rhinitis (LAR)

 

Als erste Arbeitsgruppe konnten Huggins und Brostof 1975 spezifisches IgE im nasalen Sekret und eine positive Reaktion auf den nasalen Provokationstest (NPT) mit Dermatophagoides pteronyssinus bei einer Gruppe von Patienten mit einer positiven Anamnese einer Hausstaubmilbenallergie, aber negativen Testergebnissen beim Pricktest und Serum sIgE gegen D. pteronyssinus nachweisen.

Die Arbeitsgruppe von Rondon konnte bei LAR Patienten mit einem positiven NPT, aber negativem Pricktest sowie negativem Intrakutantest und nicht nachweisbarem Serum sIgE gegen Aeroallergen sowohl spezifisches IgE gegen D. pteronyssinus und Gräser-/Oliven-Pollen als auch erhöhte Spiegel von eosinophilem cationischem Protein (ECP) im Nasensekret während natürlicher Allergenexposition nachweisen.

 

Diagnostik relativ zeitnah nach Allergenkontakt durchführen

 

Der Nachweis einer lokal begrenzten IgE-Produktion mit Induktion einer lokalen Typ-1-allergischen Reaktion in der Nasenschleimhaut (LAR) basiert auf mehreren Komponenten. Diese beinhalten eine ausführliche Anamnese, gefolgt von einem Hauttest (Prick- und/oder Intrakutantest) mit den für die jeweilige Symptomatik und den zeitlichen Verlauf relevanten Allergenen. Anschließend sollte eine in-vitro Diagnostik aus dem Serum auf totales und spezifisches IgE (Allergenauswahl wie s.o. für Hauttest beschrieben) vorgenommen werden. Insofern all diese Allergietests bei passender Anamnese negativ bleiben, sollte im nächsten Schritt die Quantifizierung des nasalen spezifischen IgEs erfolgen und es sollten nasale Provokationstests mit in Frage kommenden Allergenen durchgeführt werden.

Wichtig ist, dass spezifisches IgE in der Nasenschleimhaut offensichtlich relativ rasch nach Allergenkontakt gebildet und auch wieder abgebaut wird. Somit sollte bei Patienten mit intermittierenden Beschwerden eine Diagnostik während oder relativ zeitnah nach Allergenkontakt erfolgen.

Von einigen Autoren wird spekuliert, dass sich eine AR oder LAR im natürlichen Krankheitsverlauf aus einer NAR entwickeln. In einer Studie konnte in der Zeit von 2000 bis 2004 in einer Gruppe von 180 zuvor als NAR klassifizierte Patienten bei 24% eine de novo Sensibilisierung gegen Aeroallergene im Hauttest und in der Serum-IgE-Bestimmung nachweisen. Somit mag es sich im Einzelfall lohnen, nach einem längeren Intervall die genannten Allergietest zu wiederholen.

 

Spezifische Therapie

 

Hinsichtlich der Therapie von LAR-Patienten besteht grundsätzlich kein Unterschied zu Patienten mit einer generalisierten AR. Topische (z.T. systemische) Glukokortikosteroide, topische und systemische Antihistaminika und weitere Antiallergika stehen zur Verfügung. Erste Studienergebnisse deuten auch darauf hin, dass Patienten mit LAR von einer spezifischen Immuntherapie mit Aeroallergenen profitieren.