Gesundheitsprogramme machen einen Bogen um Allergiker

Kassen bezahlen ihre Rechnung nicht

Die aktuellen Entwicklungen der Vergütungsstrukturen in der vertragsärztlichen Versorgung und den Plänen, für Allergiker kein besonderes Gesundheitsprogramm aufzulegen, kommentiert der Presserefernt des BVDD, Dr. med. Ralph von Kiedrowski, Selters.

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Dr. med. Ralph von Kiedrowski

Die Masken fallen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die zu Recht hoch geschätzte GKV ist längst nicht mehr in der Lage, den gesamten medizinischen Versorgungsbedarf mit gleicher Qualität und Güte zu decken. Angesichts der demografischen Entwicklung werden die Beitragseinnahmen nicht mehr rückhaltlos bereitgestellt, sondern auf Schwerpunkte konzentriert. Gleichzeitig werden Mittel der akuten Krankenversorgung entzogen, um Rücklagen für steigende Ausgaben mit fortschreitender Alterung der Bevölkerung zu bilden.

Die Konsequenzen sind in den vergangenen Tagen einmal mehr deutlich geworden. So hat der G-BA entschieden, vier neue Programme zur Behandlung von Erkrankungen mit einem erhöhten Versorgungsbedarf einzuführen. Allergiekranke Patienten sind wieder einmal auf der Strecke geblieben. Eine entsprechende Initiative der allergologisch tätigen Facharztverbände griff der G-BA nicht auf. Er konzentriert die neu verfügbaren Ressourcen in den kommenden Jahren allein auf vier andere chronische Erkrankungen: rheumatoide Arthritis, chronische Herzinsuffizienz, Osteoporose und Rückenschmerz.

Betroffen sind bis zu 15 Millionen Patienten, die an einer Allergie leiden. Für sie wird es weiterhin keine Verbesserungen geben – trotz notorischer Unterversorgung in der Diagnostik und Therapie.

Der in der Ende August zwischen KBV und GKV-Spitzenverband in nur zwei Tagen ausgehandelte Honorarabschluss stellt ein Plus von 800 Millionen Euro dar. Dieser Mehrbetrag mag hoch erscheinen, in Wahrheit aber deckt die Anhebung des Orientierungspunktwertes um nur 1,4% in keinem Fall die allgemeinen Kostensteigerungen in den Praxen. Jede zehnte medizinische Leistung in den bundesdeutschen Kassenpraxen – im Gegenwert von 2,3 Millionen Euro – blieb im vergangenen Jahr unbezahlt.

Im Ergebnis bedeutet diese angebliche „Honorarsteigerung“: Die Schere zwischen den tatsächlichen Praxiskosten und den Einnahmen aus der gesetzlichen Krankenversicherung klafft weiter auseinander. Die Budgetierung wird fortgesetzt. Von einer kalkulierbaren Vergütung, in der jeder Leistung ein fester Eurobetrag gegenüber steht, sind wir heute weiter entfernt denn je. Vertragsärzte, die ihr Leistungsangebot ungebremst an der Nachfrage ihrer Patienten orientieren, werden bestraft. Daran ändern in der Dermatologie auch die vorgesehenen Fördermittel für die fachärztliche Grundversorgung nichts, da die Steigerungsrate insgesamt bei weitem nicht ausreicht, die Finanzierungslücke zu schließen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die von der Krankenkassenseite unablässig angeheizte Wartezeitendiskussion als Popanz. Arztpraxen, die gesund bleiben wollen, können sich nicht allein auf kassenärztliche Tätigkeit konzentrieren.

Vertragsärzte haben einen gesetzlich geregelten Anspruch auf eine Anpassung der Vergütung an die Entwicklung des Krankenaufkommens und die Inflation. Dem haben die Verhandlungen zwischen KBV und Krankenkassen wie schon im Vorjahr nur unzureichend Rechnung getragen.Das immer wieder in Aussicht gestellte objektive Berechnungsverfahren der nötigen Steigerungssätze ist nach wie vor überfällig. Für die bundesweit rund 2.700 in der vertragsärztlichen ambulanten Versorgung tätigen Hautarztpraxen bleibt die Frage nach der Zukunft des Sicherstellungsauftrags im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vor diesem Hintergrund aktueller denn je.