4. World-Congress of Dermoscopy 2015
Vom 16. bis 18. April 2015 fand in Wien der von Prof. Dr. med. univ. Harald Kittler und Dr. med. univ. Philipp Tschandl organisierte 4. World-Congress of Dermoscopy statt. Der Dermatologe
Dr. med. Bernd Kardorff, Möchengladbach, berichtet für DERMAforum.
Die im Vorfeld des Kongresses avisierte Teilnehmerzahl von 900 Dermatologinnen und Dermatologen schien weit überschritten. In dem stilvollen Ambiente des Tagungsortes Wiener Hofburg ging es in
einer ganz besonderen Atmosphäre drei Tage lang um alle Aspekte der bildgebenden Verfahren in der Dermatologie. Die Kongressteilnehmer waren – zwar mit europäischer Überzahl – tatsächlich von
allen Kontinenten angereist. Schwerpunktthemen waren natürlich die Dermatoskopie sowie die zukunftweisende, aber in vielen Ländern bereits fest etablierte Konfokale Laserscanmikroskopie (KLSM).
Zu den Hauptthemen gehörten die Früherkennung von melanozytärem und nicht-melanozytärem Hautkrebs sowie die bildgebende Diagnostik bei inflammatorischen Hauterkrankungen.
Bis zum Abend des dritten und letzten Kongresstages erfreuten sich alle Plenarsitzungen und Workshops erheblichen Zuhörerzuspruchs mit vollen Sälen. Das große Interesse hielt bis zur letzten
Minute an. Insbesondere bei den Workshops von Prof. Kittler und Kollegen zur dermatologischen Musteranalyse, mit der jede pigmentierte Hautveränderung mit lediglich sechs definierten Begriffen
(Linien, Pseudopodien, Kreise, Schollen, Punkte, strukturlose Areale) detailliert und präzise beschrieben und diagnostiziert werden kann, kam es zu einer regelrechten Überfüllung der
Veranstaltungsräumlichkeit. Ebenfalls bei den Konfokalmikroskopischen Workshops, bei denen Weltexperten wie Salvador Gonzalez, Giovanni Pellacani, Martina Ulrich, Susana Puig, Hans Peter Soyer,
Rainer Hofmann-Wellenhof u. a. zugegen waren, blieben die Vortragssäle randvoll gefüllt, sodass es am Ende nur noch Stehplätze gab.
Netzwerke knüpfen bei guter Jazzmusik
Beim Netzwerkabend im Porgy & Bess Jazzclub wurden zu gut interpretierten Jazzstandards zahlreiche konfokale und dermatoskopische Netzwerke geknüpft und vertieft. Damit war jedoch Schluss,
als Kittler an der Rhythmus-Gitarre samt Band die Bühne betrat und ein Feuerwerk aus Rhythm ‘n‘ Blues, Soul, Funk und Rock ‘n‘ Roll entfachte. Auch ein Twist-Tanzwettbewerb wurde zur Freude aller
noch eingeschoben.
Beispielhaft seien der Workshop unter der Leitung von Jürgen Kreusch, Lübeck, und Martina Ulrich, Berlin, als Update der Neuigkeiten bei bildgebenden Verfahren und der sehr charmant und humorvoll
von den Kolleginnen El Shabrawi-Caelen, Graz, und Rudnicka,Warschau, geleitete Trichoskopie-Workshop genannt.
Kittler berichtete u. a. dabei, dass eine dermatoskopisch sichtbare Netzwerkstruktur im Gesicht nicht für eine melanozytäre Läsion steht, aber dass graue Kreise und graue polygone Linien immer
Hinweise für ein Melanoma in situ sind. PD Dr. Dr. med. Jürgen Kreusch ging intensiv auf die dermatoskopische Bedeutung der Gefäßstrukturen in allen Läsionen ein. Prof. Dr. med.univ. Iris
Zalaudek, Graz, zeigte anhand von Gefäßen, Serokrusten und Schuppung die differenzialdiagnostischen Kriterien von Psoriasis und Ekzem auf und wies auf die Bedeutung der Farbe „Orange“ für die
Erkennung granulomatöser Erkrankungen hin.
Erhebliche Verbesserung der Spezifität
rof. Dr. med. univ. Rainer Hofmann-Wellenhof, Graz, berichtete über die Optimierung der Hautkrebsfrüherkennung in der Dermatologie durch die Konfokale Laserscanmikroskopie. Er zeigte auf, dass
die Anwendung der KLSM zu einer erheblichen Verbesserung der Spezifität führt. Unter anderem zitierte er eine aktuelle Arbeit von Prof. Giovanni Pellacani M. D., Modena, in der selbst bei
dermatoskopisch verdächtigen Läsionen durch Einsatz der Konfokalen Laserscanmikroskopie (KLSM, RCM) eine Reduktion der Zahl der Exzisionen um 50 % erfolgte. Nicht nur in einer spontanen Umfrage
im Auditorium zeigte sich auf dem Weltkongress, dass die Konfokalmikroskopie in anderen europäischen Ländern bereits vielmehr verbreitet ist als etwa in Deutschland. Hier sollten wir gerade im
normalerweise gegenüber neuen Techniken aufgeschlossenen Deutschland darauf achten, dass wir trotz führender deutscher KLSM-Experten auch international in der dermatologischen Breite unserer
Kliniken und Praxen nicht den Anschluss verlieren. Und dies gerade nicht bei einer Methode, die schmerzfrei und am lebenden Geweben eine feingewebliche Untersuchung auf Zellniveau insbesondere
zur Hautkrebsfrüherkennung ermöglicht und auch noch Operationen vermeiden kann.
Kein kostenloses ärztliches Computerhobby
PD Dr. med. Holger Hänßle, Heidelberg, berichtete über regelrecht deletäre Ergebnisse in einer Untersuchung von vier Smartphone-Apps zur dermatoskopischen (Selbst-)Diagnose mit einer sehr
fehlerhaften Erkennung von Melanomen. Prof. Dr. med. Wilhelm Stolz, München, beruhigte in seinem Referat zu dem immer wieder kniffeligen Thema „Kopfhautnaevi bei Kindern und Jugendlichen“. Hier
sei ein Malignom eher eine Rarität. Prof. Dr. med. univ. Michael Binder,Wien, berichtete stellvertretend für Hans Peter Soyer, Brisbane, Australien, über neue Bestrebungen und Entwicklungen in
der Telemedizin. U. a. betonte er, dass es sich hierbei auch um eine ärztliche Leistung mit entsprechender Vergütung handelt und nicht um ein kostenloses ärztliches Computerhobby. Ebenfalls riet
er dazu, virtuelle, telemedizinische Fälle genauso ernst zu nehmen, wie den Patienten in der Praxis. Das Haftungsrisiko sei das gleiche, somit auch die präzise Dokumentationspflicht.
Im wunderschönen Zeremoniensaal (siehe Abb.) fand der bereits oben erwähnte Trichoskopie-Workshop statt. Viele interessante Fälle wurden präsentiert. Beispielsweise ging es um die
Differenzialdiagnosen von z. B. Lichen planopilaris, frontal fibrosierender Alopecie und diskoidem Lupus erythematodes. Auch eindrucksvolle Fälle von klinisch scheinbarer androgenetischer
Alopecie, die aber einen gut therapierbaren inflammatorischen Hintergrund hatte, sowie Mischbilder von durch andere inflammatorische Haarerkrankungen überlagerter Trichotillomanie sorgten für
höchste Aufmerksamkeit im Auditorium.
Zusammengefasst war Dermoscopy 2015 in der Wiener Hofburg ein von Kittler und Kollegen perfekt organisierter Kongress mit einer spannenden und sehr lehrreichen Themenauswahl. Zukünftige
Veranstaltungen sind nicht nur für dermatologische Fachärzt/innen zu empfehlen, bei denen in der klinischen Weiterbildung die Dermatoskopie in den letzten Jahrzehnten – und die konfokale
Laserscanmikroskopie in den letzten Jahren – zu kurz gekommen ist, sondern für alle, die an moderner klinischer und bildgebender dermatologischer Diagnostik auf hohem Niveau interessiert
sind.