Recht Eigentlich sind die Grundsätze für Ärzte, eine Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden, recht einfach. Dennoch versuchen Betriebsprüfer, mitunter auch durch Unkenntnis aktueller BFH-Urteile, Arztpraxen in die Gewerbesteuerpflicht zu überführen. Steuerberater Dr. Mathias Mühlen gab Tipps bei der AADI.
Vorsicht ist stets geboten, wenn Ärzte angestellt werden (außer Weiterbildungsassistenten). Grundsätzlich „infizieren“ sich zwar nur Gemeinschaftspraxen, aber wenn der Inhaber einer Einzelpraxis
einen Arzt anstellt und dieser selbstständig, also eigenverantwortlich, arbeiten darf, ist möglicherweise die gesamte Einzelpraxis gewerbesteuerpflichtig. Die Entwicklung der letzten Jahre nährt
die Befürchtung, dass die Finanzverwaltung versuchen könnte, jeden angestellten Arzt als Begründung für die Umqualifizierung der ärztlichen Einkünfte als gewerbesteuerpflichtig heranzuziehen.
Dieses Gefahrensignal gab Steuerberater Dr. Mathias Mühlen, Essen, den Teilnehmern beim 39. Kompetenzseminar der AADI Mitte September mit auf den Weg.
Diesem Versuch des Finanzamts sollte früh entgegengewirkt werden. Der Grundsatz bei der Anstellung von Ärzten ist folgender: Beschäftigt ein niedergelassener Arzt einen anderen Arzt, bedient er
sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Mitarbeiter. Er erzielt in diesem Fall nur dann Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn er weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig wird.
Dies erfordert grundsätzlich eine persönliche Teilnahme des selbstständigen Arztes an der praktischen Arbeit des angestellten Arztes in ausreichendem Umfang. Entscheidet der angestellte Arzt
hingegen allein und eigenverantwortlich über die medizinische Versorgung der Patienten, erzielt der selbstständige Arzt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Insbesondere bei der Anstellung fachfremder Ärzte kann von einer Eigenverantwortlichkeit des Praxisinhabers nicht ausgegangen werden. Maßgebend für eine endgültige Bestimmung der Einkunftsart
sind jedoch immer die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.
Anstellung eines oder mehrerer Ärzte führt nicht zwangsläufig zur Gewerblichkeit der Praxiseinkünfte
Dennoch führt die Anstellung eines oder mehrerer Ärzte nicht zwangsläufig zur Gewerblichkeit der Praxiseinkünfte. Denn auch ein freiberuflich tätiger Arzt hat das Recht, sich nach § 18 Abs. 1
Nr. 1 EStG, S. 3 der Mithilfe vorgebildeter Arbeitskräfte zu bedienen.
Maßgebliche Kriterien für eine freiberufliche Einkünfteerzielung sind: Praxisstruktur, individuelle Leistungskapazitäten des Inhabers, das anfallende Leistungsvolumen, die Anzahl der
vorgebildeten Arbeitskräfte sowie die Anzahl der täglichen Behandlungen.
„Maßgebliche Kriterien für eine freiberufliche Einkünfteerzielung sind: Praxisstruktur, individuelle Leistungskapazitäten des Inhabers, das anfallende Leistungsvolumen, die Anzahl der vorgebildeten Arbeitskräfte sowie die Anzahl der täglichen Behandlungen.“
Beispiel: Ein Dermatologe stellt in seiner Praxis einen weiteren approbierten Hautarzt an. In diesem Falle ist es von größter Wichtigkeit, dass der Praxisinhaber sicherstellt, dass eine
entsprechende Überprüfung der Arbeitsergebnisse durch ihn nicht nur stichprobenweise, sondern regelmäßig erfolgt. Hierzu gehört es auch, dass der Praxisinhaber von seinem Patienten nicht nur als
Bezugsperson, sondern auch persönlich wahrgenommen wird. Der Praxisinhaber ist somit nicht nur Berufsträger, er trägt auch für jede Leistung, die in seiner Praxis erbracht wird, sowohl die
persönliche und rechtliche als auch die fachliche und ethische Verantwortung mit der Folge, dass es weiterhin bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit verbleibt.
Für die Praxis bedeutet das: Jede Dokumentation hilft, glaubwürdig zu machen, dass der Praxisinhaber der Behandlung das Gepräge gibt, z. B. auf der Patientenakte. Hat man nichts in der Hand, wird
es problematisch, der Betriebsprüfung bei vorhandenen angestellten Ärzten zu belegen, dass diese nicht selbstständig und eigenverantwortlich, sondern auf Weisung handeln. Dies ist im Praxisalltag
schwierig, aber möglich.
Es gibt einen Fall, bei dem trotz acht angestellter Ärzte und 80 Mitarbeitern die Freiberuflichkeit einer Gemeinschaftspraxis immer noch bejaht wurde.
Allerdings lag in diesem Fall nicht nur eine ISO-Zertifizierung, sondern auch eine Zeiterfassung vor, anhand derer sich die eigenverantwortliche Tätigkeit der Praxisinhaber belegen ließ.
Hinweis: Vor allem Praxisinhaber mit unterschiedlichen Fachgebieten und anderen Behandlungsfeldern sollten bereits vor Einstellung gründlich prüfen, ob es hierdurch nicht etwa zu einer
unerwünschten Gewerbesteuerpflicht und damit zu einer Infektion der gesamten Einkünfte kommen könnte. Kommt es nämlich infolge der Anstellung eines bzw. mehrerer Ärzte zu einer
gewerbesteuerlichen Behandlung der Praxiseinkünfte, ist gleichzeitig der Gesamtgewinn der Praxis der Gewerbesteuer zu unterwerfen!
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