Fehler und Gefahren bei der Haartransplantation
Über die Besonderheiten, auf die bei der Haartransplantation geachtet werden muss, berichtet Dr. med. Frank G. Neidel, Düsseldorf, auf der Cosmedica in Bochum.
Haartransplantationen bedürfen einer besonderen Sorgfalt, handelt es sich doch um Elektiveingriffe auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten. Mögliche Fehler und Gefahren sind auch für andere
Behandlungen und kosmetische Operationen im weitesten Sinne gültig.
Wir unterscheiden grundsätzlich:
A) Beratungs- und Aufklärungsfehler
B) Behandlungsfehler durch
C) Nachsorgefehler
Nur so viele Haarwurzeln transplantieren wie unbedingt nötig
Zu A): Kardinalfehler bei der Haartransplantation sind eine falsche Vorstellung vom natürlichen Verlauf des Haaransatzes, der Geheimratsecken sowie der Möglichkeiten und Grenzen des Verfahrens.
Die Haartransplantation ist nun einmal eine geschickte Umverteilung von Haarwurzeln in kahle Bereiche in einer momentanen statischen Situation. Weil der Haarausfall aber ein dynamischer Prozess
ist, sollte man auch das Altern des Patienten und künftigen Behandlungsbedarf einplanen. Deshalb gilt: Nur so viele Haarwurzeln transplantieren wie unbedingt nötig, aber trotzdem genug, um einen
guten optischen Effekt zu erreichen (siehe Abb.).
Die Aufklärung sollte realistisch und praxisnah erfolgen. Sätze wie „Das machen wir alles wieder dicht“ oder „Das kriegen wir alles wieder so wie früher hin“ sind zu vermeiden.
Das Gespräch sollte nicht zerredet werden und nicht länger als 60 Minuten dauern. Das andere Extrem wäre die Begrüßung des Patienten, man drückt ihm das Aufklärungsformular in die Hand und
verabschiedet sich dann mit „Bis zur Behandlung“.
Selbstüberschätzung ist der größte Feind in der Chirurgie
Zu B): Die Behandlung folgt Standards und Behandlungsrichtlinien. Die sorgfältige Einhaltung dieser Leitlinien und der begleitenden Maßnahmen sollte heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein,
ebenso die adäquate Qualifikation des Operateurs und des Personals. Selbstüberschätzung ist der größte Feind in der Chirurgie und kann u.U. Menschen entstellen, verstümmeln oder gar töten. Dessen
sollte sich jeder Arzt bewusst sein. Es fällt sicher anfangs schwer, auch einmal Patienten wegzuschicken oder an kompetente Kollegen zu überweisen; optimales Resultat für den Patienten sollte
oberstes Gebot sein.
Offenes Wort gegenüber dem Patienten
Zu C): Nachsorgefehler sind weniger häufig, meistens wird bereits im Vorfeld über das geeignete Verhalten nach dem Eingriff informiert. Probleme treten immer dann auf, wenn es zu Komplikationen
während des Eingriffes gekommen ist. Häufig wird dann aus Angst vor der Konfrontation mit dem Patienten ein Assistent oder anderes Personal mit der Nachsorge beauftragt. Dieses Verhalten ist der
Anfang des Vertrauensbruchs. Jeder Arzt sollte so viel Courage haben, ein offenes Wort gegenüber dem Patienten zu finden, er sollte Fehler eingestehen können und auch einmal eine Entschuldigung
aussprechen. Zum Beispiel: „Es tut mir aufrichtig leid, dass es zu dieser Komplikation/Nebenwirkung gekommen ist. Ich werde alles für Sie tun und Ihnen beistehen, damit das Weitere möglichst
positiv für Sie verläuft.“ Dieses Verhalten zeigt, dass der Arzt „Rückgrat“ hat und stärkt die „Arzt-Patienten-Beziehung“. Patienten, die wegen ärztlicher Behandlungsfehler klagen oder an die
Öffentlichkeit gehen, äußern häufig: „Der Arzt hätte sich doch einfach nur entschuldigen sollen, das hätte gereicht. Aber nicht einmal das hat er getan.“
Freundliches Wort effektiver als Rechthaberei
Wir Ärzte müssen lernen und erkennen, dass manchmal ein freundliches Wort und/oder eine Entschuldigung effektiver sind als Rechthaberei und Verleugnung von Streitfaktoren. Insgesamt sind wir aber
auf einem guten Weg. Gute Aufklärung und steigende Fallzahlen, kompetente Weiterbildung und Qualifikation lassen schwerwiegende Komplikationen bei Haartransplantationen weniger werden. Und das
ist für alle Beteiligten gut so.