Nachdenkliches zur ärztlichen Verwaltung
In dieser Ausgabe von DERMAforum beschreibt der Hamburger Dermatologe Dr. med. Claus Dreessen Erlebnisse der besonderen Art bei der Kommunikation mit der Ärztekammer.
Kümmern kommt von Kummer. So kümmern wir uns täglich um die Kümmernisse der uns vertrauenden Patienten, das ist unser Beruf oder auch unsere Berufung, manche sogar werden auf Lehrstühle oder sind
zu Höherem berufen, wie die einstigen Kollegen Rösler oder Assad in seinem Syrien. Manche Kollegen kümmern sich in den Kammern um unseren Kummer! Hä? Moment mal! Tun sie das wirklich oder die von
ihnen beauftragten Mitarbeiterinnen? Meine Kammerkämmerer kümmern sich vor allem alljährlich um meinen Einkommenssteuerbescheid in Form der schriftlichen Aufforderung zwecks Festsetzung der
abzuführenden Kammerbeiträge. Und vor 28 Jahren hat sich meine Kammer rührend um mein Praxisschild gekümmert, das gemäß Vorgaben der Berufsordnung für Hamburger Ärzte die zugelassene Größe in
unzulässiger Weise um 2 cm überschritt; den kafkaesken Briefwechsel hierzu fand ich neulich beim Ausmisten alter Ordner wieder; das Praxisschild weist nach wie vor – mit mir gealtert – den
Patienten den Weg. Wenn ich nun mal, selten genug kommt das vor, nach der vormittäglichen Sprechstunde für meine Kammerbeiträge eine Gegenleistung erbitten möchte, z.B. in Form von Beantwortung
einer bestimmten Frage, dann flötet mir zwischen 12:00 und 14:00 Uhr eine fröhliche Stimme wie aus dem Navi entgegen und teilt mit, dass die Telefone der Kammermitarbeiterinnen in eben dieser
Zeit nicht besetzt seien und, und, und, und Hinweise auf Kammer-Homepages usw. Also am nächsten Vormittag ein erneuter Versuch, die Helferin wird rechtzeitig informiert, mich zu erinnern, dass
ich so ab 11:30 kurz ein Kammerpäuschen einlege, mich in meine Kammer zurückziehe, um meine Kammer anzurufen; entweder teilt mir die Kollegin, auf deren Apparat umgestellt wurde, mit, dass Frau
Sowienoch grad „im Urlaub“ oder „zu Tisch“ sei, sie selbst sei Azubi oder neu hier und könne dazu nix sagen. Wer kann denn was dazu sagen? Ja, so viel ich weiß, nur Frau Sowienoch, aber die ist
doch im Urlaub oder zu Tisch ..! grrrrrrrrrrr! … „zu Tisch“, „in einer Besprechung“, „im Urlaub“ haben in (nord)deutschen Landen mittlerweile den Rang einer eidesstattlichen Versicherung! Nix
geht mehr, denn Tischzeit beginnt ab 10.30 von wegen Frühstückspause und hält gleitzeitend an bis 15:30. Ab 15:45 ist da eh keiner mehr anwesend wegen: jawoll, wegen GleitGleitzeit, Kernzeit, vor
allem aber Freizeit-Ausgleich, weil Frau Sowienoch ja schon um 6:15 in der Früh anwesend ist. Aber was macht die da um die Zeit nur? Arbeiten oder am Arbeitsplatz anwesend sein? Erst mal
Kaffeekochen und dann Frühfrühstück?
Also meinen Wecker eine Stunde früher stellen! Frau Sowienochs persönlicher Befindlichkeiten gar wegen? Ab Freitag 11:30 ist Feierabend wegen Wochenende oder Freizeitausgleich, daher Frei-Tag!
Genau wie bei Ämtern, Behörden, Versicherungen oder Krankenkassen … und alle werden von unseren Kröten bezahlt, gepampert, honoriert, subventioniert, supplementiert.
Neuerdings antwortet gelegentlich Frau Sowienochs Anrufbeantworter. Genauer gesagt antwortet er nicht, er teilt schlicht, auf Deutsch kurz und knapp, mit, dass „ich zurzeit grad nicht am Apparat
bin“. Meist in einer „Sitzung!“ Unsereins pflegt das üblicherweise vor oder nach dem Frühstück zu erledigen. Neulich war die gesamte Betriebschaft auf ‘nem ganztägigen Betriebsausflug, wenige
Tage zuvor auf einer Betriebsratsversammlung. Nix ging mehr! Eigentlich wollte ich doch nur auf kurzem Dienstwege telefonisch erläutern, dass mein Einkommensteuerbescheid noch nicht vorliege. Und
da flattert mir auch schon Frau Sowienochs erste Mahnung auf den Tisch mit der Androhung umgehender standrechtlicher Erschießung, wenn Kiew-Inkasso nix zum Pfänden bei mir fände.
Ich war kurz vorm Brechen bzw. davor, in meinen Schreibtisch zu beißen! Apropos, die Kammerärzte der Ärztekammern wollen ja auch was zu brechen und zu beißen haben. Dafür, dass Sie uns in
Krisensituationen durch umfassende persönliche Betreuung bissig und tapfer zur Seite stehen, uns in unserer beruflichen Situation oll-inklussiff so massiv unterstützen, so wirkungsvoll bei medial
geübter Ärzteschelte oder Rufschädigungen öffentlich Paroli bieten, zugleich die wirklich schwarzen Schafe und kriminellen Abzocker unter uns lautstark anprangern und kasteien (wie einige
Transplantationsspezis oder den Radiolo-Kollegen aus meiner Nachbarschaft, der sage und schreibe 34 Mio. unredlich abgeräumt hat und nun in Dubai munter weiterradiologisiert – mutmaßlich versteht
sich). Manno, Kammern! Nach dem Haareraufen werde ich mich erstmal ordentlich kämmen und dann zum Kammerpräsidenten wählen lassen und da mal aufräumen. Rein in die Besenkammer! Und Frau Sowienoch
wird angewiesen, ihre mittägliche Schmalzstulle am Telefonhörer zu verputzen. Aber nicht mit vollem Mund!
So seh ich das! dreessendoc