Wann wirkt Immun-Checkpoint-Blockade?

Malignes Melanom Eine in ihrer Größe beispiellose Studie kombinierte klinische Parameter von
Patienten mit fortgeschrittenem schwarzem Hautkrebs mit umfangreichen genetischen Analysen
des Tumorgewebes.

So wirkt die PD-1-Blockade prinzipiell. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom ist der Therapieerfolg allerdings nicht immer gleich gut.  (Foto: Uniklinikum Würzburg)
So wirkt die PD-1-Blockade prinzipiell. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Melanom ist der Therapieerfolg allerdings nicht immer gleich gut. (Foto: Uniklinikum Würzburg)

Eines der Ziele der Studie war es, die Wirksamkeit einer Immun-Checkpoint-Blockade patienten­individuell vorhersagen zu können. Die Koordination der europaweiten Studie in Deutschland lag in den Händen von Prof. Dr. med. ­Bastian Schilling von der Würzburger Universitäts-Hautklinik.
Zur Behandlung des schwarzen Hautkrebses wird bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung in vielen Fällen ein Immun-Checkpoint-Inhibitor (PD-1-Blocker, siehe Kasten) eingesetzt. „Diese Therapie funktioniert nicht bei allen Patienten gleich gut – und wir wissen bislang noch nicht genau, woran das liegt“, sagt Schilling.
Zur Suche nach einer Antwort auf diese und weitere Fragen zur besseren Charakterisierung des schwarzen Hautkrebses und seiner Behandlungsmöglichkeiten startete Ende 2015 eine europaweite Studie, die mit der Veröffentlichung der Ergebnisse in der Fachzeitschrift Nature Medicine Anfang Dezember 2019 ihren Abschluss fand.
Studie mit einer Kohorte von 144 Patienten
In der von Prof. Dr. med. Dirk Schadendorf, Essen, geleiteten Studie wurden retrospektiv klinische Parameter von insgesamt 144 Melanom-Patienten, die mit PD-1-Blockern behandelt wurden, kombiniert mit einer weitreichenden genetischen Analyse ihres Tumorgewebes, das vor der PD-1-Blockade entnommen worden war. Als Studienkoordinator war es eine der Aufgaben von Schilling, die Sammlung der vielen Tumorproben bei deutschen und europäischen Hautkrebszentren zu organisieren. Außerdem wirkte der Würzburger Spezialist beim Design der Studie, der Formulierung ihrer konkreten Forschungsfragen und der statistischen Auswertung mit.
Mutationslast des Tumors kein zielführender Biomarker
Für die genetische Analyse wurden die Gewebeproben an das renommierte Broad Institute in Boston/USA (Labor: E. M. van Allen) geschickt. Hier wurde mittels genetischer Analysen beispielsweise geprüft, ob bei den Tumoren bestimmte Veränderungen des ­Genoms (Mutationen) vorkommen, mit denen sich vorhersagen lässt, ob eine PD-1-Blockade als Therapie gut oder schlecht funktioniert. „Grundsätzlich geht man von Folgendem aus: Je stärker ein Tumor mutiert ist, desto fremder erscheint er dem Immunsystem und umso besser kann er abgestoßen werden“, erläutert Schilling und fährt fort: „Deshalb nahm man auch in Bezug auf das Melanom an, dass über die Mutationslast – also die Anzahl aller somatischen Mutationen – eines Tumors eine Vorhersage über die Wirksamkeit der PD-1-Blockade zu treffen ist.“ Diese Assoziation konnte in der Studie allerdings nicht gesehen werden, was auf die Integration klinischer Daten zurückzuführen ist. „Das bedeutet, dass man diesen Biomarker im Fall des schwarzen Hautkrebses nicht mehr weiter verfolgen muss“, verdeutlicht Schilling.

 

„Die Menge und Qualität der dokumentierten klinischen Proben, kombiniert mit einer sehr breiten genetischen Analyse, sind in der Melanom-Forschung bisher beispiellos.“


Durch die Studie breit bestätigt werden konnte hingegen ein anderer Zusammenhang, der bislang nur auf Erkenntnissen aus vergleichsweise wenigen Proben beruhte: Wenn die Hautkrebs-Tumoren bestimmte Defekte in einem Signalweg aufweisen, haben die betroffenen Patienten geringere Chancen, von einer PD-1-Blockade zu profitieren. „Patienten mit diesen Eigenschaften können wir, falls möglich, heute eine andere Therapie empfehlen“, berichtet Schilling.
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Wenn die Tumoren besonders gut Antigene an ihrer Oberfläche präsentieren, profitieren die Melanom-Patienten besonders gut von der PD-1-Blockade.
Wertvolle Datenbasis für ­zukünftige Forschungsvorhaben
Neben diesem neu gewonnenen oder verfestigten Wissen ist die für die Studie ­zusammengetragene Datenbasis eine extrem wertvolle Ressource für die zukünftige Forschung. Schilling: „Die Menge und Qualität der dokumentierten klinischen Proben, kombiniert mit einer sehr breiten genetischen Analyse, sind in der Melanom-Forschung bisher beispiellos. Damit haben wir die Voraussetzungen geschaffen, dass andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsfragen an einer großen Menge valider Daten überprüfen können.“                                                                                                              |  ve

Prof. Dr. med. Bastian Schilling (l.) und Prof. Dr. med. Dirk Schadendorf (r.) (Fotos: privat)

Kontakt
Prof. Dr. med. Bastian Schilling
Universitätsklinikum Würzburg
Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Josef-Schneider-Str. 2
Gebäude D8
97080 Würzburg
Tel.: 0931 201-0

Publikation
Integrative molecular and clinical modeling of clinical outcomes to PD1 blockade in patients with metastatic melanoma.
Nat Med. 2019 Dec;25(12):1916-1927. doi: 10.1038/s41591-019-0654-5. Epub 2019 Dec 2.

 

 

 

Info

 

Über Immun-Checkpoint-Inhibitoren
Manche Krebsarten produzieren ein Protein (PD-L1), das die körpereigenen Immunzellen daran hindert, den Krebs zu erkennen und effektiv zu bekämpfen. Immun-Checkpoint-Inhibitoren sind in der Lage, den PD-1-Rezeptor zu blockieren, sodass PD-L1 die Immunzellen nicht mehr behindert. Der Krebs ist damit für das Immunsystem sichtbar und kann angegriffen werden.