Arztbewertungsportale – ein Update

Arztbewertungsportale Der rechtliche Rahmen für Internetportale wie jameda bekommt durch Gerichtsurteile weitere Konturen. In einem aktuellen Urteil vom Februar – angestrengt von einer Kölner Dermatologin – ging es um die Zusatzfunktionen, welche das Bewertungsportal zahlenden Kunden einräumte.

Arztbewertungen sollen Patienten informieren. Aber dabei ist nicht alles erlaubt. (Grafik: jameda)
Arztbewertungen sollen Patienten informieren. Aber dabei ist nicht alles erlaubt. (Grafik: jameda)

Alle kennen es, viele nutzen es: das Ärztebewertungsportal jameda. Wie beim Einkaufen oder Hotelbuchen im Internet ist für viele Patienten bei der Suche nach einem Arzt die Meinung anderer Nutzer ein wichtiges Entscheidungskriterium. Patienten können ihren Arzt in Hinblick auf verschiedene Kriterien bewerten, die von Behandlung, Aufklärung und Vertrauensverhältnis, über genommene Zeit, Wartezeiten auf Termine und Praxisausstattung, bis hin zu Parkmöglichkeiten und Entertainment gehen. Doch vielfach schweigen im Internet die zufriedenen Kunden und Patienten, während die Unzufriedenen ihre Meinung kundtun. Gerade im medizinischen Bereich, wo ein Heilerfolg nicht immer eintreten kann, bergen Ärzteportale – was man an den regelmäßig ergehenden Urteilen erkennen kann – Konfliktpotenzial. Ärzte können grundsätzlich nicht, so der Bundesgerichtshof, eine Löschung ihres Profils verlangen. Das Gericht hat in seinem Urteil vom 23. September 2014 (Aktenzeichen VI ZR 358/13) entschieden, dass grundsätzlich eine Veröffentlichung personenbezogener Daten von Ärzten im Internet zum Zweck der Bewertung durch Patienten zulässig ist. Bei den personenbezogenen Daten handelt es sich dabei um Name, den akademischen Grad, die Fachrichtung und die Praxisanschrift. Selbstverständlich ebenso betroffen sind die im jeweiligen Arztprofil abgegebenen Bewertungen durch die Nutzer.


Hoher Stellenwert für Patienten­information


Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil dem Interesse der Patienten an der Möglichkeit zur Einholung von Informationen über ärztliche Behandlungen einen großen Stellenwert eingeräumt. Das grundrechtlich geschützte informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arztes, der durch negative Bewertungen, berufliche und wirtschaftliche Konsequenzen verspüren könne, habe vor dem Hintergrund des Patienteninteresses zurückzutreten. Auch zu der vielfach kritisierten Anonymität des Internets hat der Bundesgerichtshof sich in seinem Urteil aus dem Jahr 2014 geäußert. Der BGH hierzu: „Die anonyme Nutzung ist dem Internet zudem immanent.“ Und weiter: „Die Möglichkeit, Bewertungen auch anonym abgeben zu können, erlangt im Falle eines Ärztebewertungsportals im Übrigen ganz besonderes Gewicht. Denn häufig wird die Bewertung eines Arztes mit der Mitteilung sensibler Gesundheitsinformationen, etwa über den Grund der Behandlung oder die Art der Therapie, verbunden sein. Wäre die Abgabe einer Bewertung nur unter Offenlegung der Identität möglich, bestünde deshalb hier ganz besonders die Gefahr, dass eigentlich bewertungswillige Patienten im Hinblick darauf von der Abgabe einer Bewertung absehen.“
In jüngster Vergangenheit hat der BGH ein weiteres „jameda-Urteil“ erlassen und dem rechtlichen Rahmen für Bewertungsportale weitere Konturen gegeben. Im Urteil vom 20. Februar 2018 – VI ZR 30/17 ging es um die Zusatzfunktionen, welche jameda zahlenden Kunden einräumte. Zahlende Ärzte konnten ihr Profil mit einem Bild und weiteren Praxisinformationen erweitern. Die Profile der zahlenden Ärzte wurden Interessenten, welche die Bewertungsprofile nicht zahlender Ärzte aufriefen, als Anzeige mit Angabe der Bewertungsnoten und der Entfernung zu der aufgerufenen Praxis angezeigt. Auf den kostenpflichtigen Profilen wurden derartige Anzeigen nicht eingeblendet.

Prof. Dr. iur. Dr. med. Reinhold Altendorfer

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Facharzt für Allgemeinmedizin

Hochschullehrer

und

Philipp Pürner

Rechtsanwalt

 

Kontakt:

Altendorfer Rechtsanwälte

Herzog-Heinrich-Straße 11

80336 München

Dermatologin bekommt recht – Löschung wegen Anzeige anderer Ärzte stattgegeben


Die Klägerin, eine niedergelassene Dermatologin und Allergologin, verlangte die Löschung ihres Profils und diesmal gab das Gericht der Ärztin recht. Der BGH verwies auf die Rolle des Ärztebewertungsportals als neutraler Vermittler von Informationen für Patienten. Mit dieser Rolle sei jedoch die Platzierung von Anzeigen der im näheren Umkreis niedergelassenen Dermatologen, welche ein kostenpflichtiges Profil auf jameda unterhielten, nicht vereinbar, da durch diese Werbung den konkurrierenden dermatologischen Praxen ein Vorteil verschafft werde. Aus diesem Grund hat der BGH die Rechte der Ärztin als gewichtiger gegenüber der Meinungs- und Medienfreiheit angesehen.
Dieses Urteil vermag den Vorteil von Ärzteportalen, die Akquise von Patienten, stärken, den Nachteil der anonymen, möglicherweise unberechtigterweise abgegebenen negativen Bewertungen kann es aber nicht begegnen. Gleichwohl sind Ärzte vor einem Missbrauch der Bewertungsmöglichkeiten geschützt.


Gegen Unwahrheiten und Beleidigungen zur Wehr setzen


Gegen unrichtige oder beleidigende Bewertungen kann sich jeder zur Wehr setzen. Hier erfolgt eine Abwägung zwischen dem Schutz des Rechts auf informelle Selbstbestimmung des Arztes, seiner Berufsausübungsfreiheit und dem Recht auf Kommunikationsfreiheit des Patienten. Der einzelne Arzt muss grundsätzlich dann – und nur dann – Einschränkungen seines Rechts auf informelle Selbstbestimmung hinnehmen, wenn diese von hinreichenden Gründen des Gemeinwohls oder überwiegenden Rechtsinteressen Dritter getragen werden, eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der diesen rechtfertigenden Gründe durchgeführt wurde und, was das Abwägungsergebnis betrifft, die Grenze des Zumutbaren noch gewahrt ist.
Das Persönlichkeitsrecht eines jeden Arztes bewirkt eine Prüfpflicht des Betreibers von Bewertungsportalen. Ärzte können daher die Löschung des Eintrages verlangen, wenn dieser unwahre Tatsachenbehauptungen enthält oder Herabsetzungen ohne Sachbezug. Wird ein Eintrag beanstandet, hat der Betreiber diesen zu prüfen und der Bewertende wird zu einer Stellungnahme aufgefordert. Nur wenn diese die Äußerungen begründen kann, bleibt der Eintrag bestehen.


Arztbewertungsportal reagierte unverzüglich


Auf das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs hat jameda sofort reagiert und die Anzeige der Profile umgearbeitet. Einblendungen der zahlenden Konkurrenz sucht man nun auf den kostenlosen Profilen vergeblich. Somit hat wohl auch zukünftig das Verlangen eines Arztes nach einer Löschung des Profils auf einem Bewertungsportal wenig Erfolgsaussicht.