Allergieforschung
Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München und der TU München konnten erstmals zeigen, dass bei Allergien ausgeschüttete Botenstoffe nicht nur Zellen des Immunsystems, sondern auch Zellen der Atemwegsoberflächen verändern.
Das Team von Prof. Dr. med. Carsten Schmidt-Weber und Dr. med. Ulrich Zissler vom Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) am Helmholtz Zentrum München und der TU München entdeckte, dass auch das
Atemwegsepithel eine Entwicklung durchläuft, wie sie bisher nur von allergen-geprägten Immunzellen bekannt war.
Im Rahmen eines Projektes des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) behandelten die Forscher Atemwegsepithelzellen mit den Allergie-Botenstoffen Interleukin-4 (IL-4) und Interferon-gamma
(IFN-gamma) und beobachteten, wie sich die Genaktivität veränderte.
„Interessanterweise zeigte sich ein Regulationsmuster, wie wir es aus der T-Zell-Immunologie als Th1/Th2-Paradigma* bereits seit vielen Jahrzehnten kennen“, kommentiert Erstautor Zissler die
Ergebnisse. Denn genau wie bereits für Zellen des Immunsystems bekannt, war IL-4 in der Lage, eine Aktivierung von Genen der sogenannten Th-2 Immunantwort auszulösen, die zur Entstehung von
Asthma beiträgt**. IFN-gamma wirkte diesem entgegen, indem es das Ablesen von Th-1 Genen begünstigte.
Exemplarisch beschreiben die Autoren das Molekül Interleukin-24 (IL-24), das von IL-4 herauf- und von IFN-gamma heruntergeregelt wird. IL-24 könne daher laut den Wissenschaftlern möglicherweise
künftig als Biomarker für eine allergische Entzündung des Atemwegsepithels dienen.
Bei Heuschnupfen-Patienten bestätigt
Um die Relevanz ihrer Ergebnisse zu überprüfen, untersuchten die Wissenschaftler die Ergebnisse auch in Rhinitis-Patienten***. Es zeigte sich, dass der Effekt ebenfalls an den Nasenschleimhäuten
der Patienten zu beobachten ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Regulation von Epithelzellen in der allergischen Erkrankung in einer Art Fingerabdruck der Allergie endet. Weitere
Untersuchungen müssen nun klären, ob dieser Abdruck die Immunität gegen Infektionen oder andere Reaktionen auf die Umwelt behindert und somit zu weiteren Problemen bei Allergikern führt, so die
Forscher.
„Bisher war das Th1/Th2-Paradigma nur auf die T-Zellen beschränkt. Der von uns gefundene Mechanismus über Epithelzellen eröffnet daher eine tiefere Sicht auf die Komplexität der Immunantwort und
bietet neue Ansatzpunkte für die Entwicklung von Therapien bei allergischen Erkrankungen“, so Schmidt-Weber.
Hintergrund
* Das Th1/Th2-Paradigma sieht IL-4-produzierende T-Helfer-Zellen des Typs 2 (Th2) als Gegenspieler der Th1-Zellen, und entsprechend werden Th2-Zellen bei allergischen Erkrankungen als treibende
Kraft eingeordnet.
** Interleukin-4 ist ein wichtiger Botenstoff im Rahmen allergischer Entzündungen, der über die Th2-Immunantwort auch zu allergischem Asthma führt und die Toleranz gegenüber Allergenen im Körper
hemmt, wie vorangegangene Studien zeigen konnten.
*** Die Allergische Rhinitis oder pollenbedingter Heuschnupfen ist eine allergisch bedingte Entzündung der Nasenschleimhaut. Diese wird oft von weiteren Erkrankungen der Atemwege begleitet wie
Sinusitis (Entzündung der Nasennebenhöhlen) und Asthma.